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Technik

Smartphone wird zum 3D-Scanner

Neue App macht das Erstellen von 3D-Modellen so einfach wie Fotografieren

So funktioniert das 3D-SCanner fürs Handy © ETH Zürich

Schweizer Forscher haben eine App entwickelt, die ein gewöhnliches Smartphone in einen 3D-Scanner verwandelt. Richtet man die Kamera des Geräts auf ein Objekt und macht mehrere Aufnahmen, setzt das Programm diese in Echtzeit zu einem 3D-Modell zusammen. Das Scannen von dreidimensionalen Objekten wird damit fast so einfach wie das Fotografieren. Bisher gibt es die App nur als Demoversion, sie läuft aber bereits auf fast allen gängigen Android-Smartphones.

Im Gegensatz zum normalen Scannen lässt sich durch 3D-Scannen ein Gegenstand realitätsgetreuer abbilden, denn es werden auch Daten über seine räumliche Form erfasst. Bisherige Verfahren sind jedoch meist sehr aufwendig und erfordern viel Hardware und eine hohe Rechenleistung. Sie eignen sich daher nicht für spontane Aufnahmen. Marc Pollefeys von der ETH Zürich und seine Kollegen haben nun aber eine neue Software entwickelt, die auch für Smartphones geeignet ist. Die Wissenschaftler haben die Demoversion der App gestern an der International Conference on Computer Vision in Sydney erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.

So funktioniert das 3D-SCanner fürs Handy© ETH Zürich

Normale Ausstattung des Smartphones reicht

Die Wissenschaftler setzten bei der Software auf die herkömmlichen Sensoren, mit denen jedes Smartphone ausgestattet ist und benutzen neben der Kamera auch die vorhandenen Drehraten- und Beschleunigungssensoren. So konnten sie einen Scan-Prozess programmieren, der einfach und robust sowie intuitiv bedienbar ist. Sobald der 3D-Scan aktiviert ist, bestimmt das System aus den Bewegungen des Benutzers automatisch die richtigen Momente, in denen es die Bilder aufzeichnet. „Noch vor zwei Jahren hätte man eine solche Software nur auf großen Computern laufen lassen können. Dass dies auf einem Smartphone funktioniert, wäre undenkbar gewesen“, sagt Pollefeys.

Der mobile 3D-Scanner kann auch die absolute Größe und die vertikale Ausrichtung eines Objekts ermitteln, was mit bisherigen 3D-Bildverfahren nicht möglich war. Dazu muss die App hunderttausende Bildpunkte rekonstruieren. Die ETH-Forschenden nutzten deshalb den Grafik-Co-Prozessor des Smartphones (GPU), um die Datenrekonstruktion zu beschleunigen.

So einfach wie Fotografieren

Ähnlich wie beim Fotografieren richtet der Benutzer die Kamera seines Smartphones auf ein beliebiges Objekt. Anstatt auf den Auslöser zu tippen, bewegt er das Gerät über das Objekt hinweg, damit es laufend Bilder aufzeichnen kann. Schon nach wenigen Aufzeichnungen erscheint auf dem Bildschirm ein 3D-Modell des auf diese Weise eingescannten Objekts. Bewegt der Nutzer dann den Scanner weiter über das Objekt, nimmt dieser automatisch weitere Bilder auf, fügt sie in das 3D-Modell ein und verbessert dieses so kontinuierlich.

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Auf dem Smartphone-Display kann der Benutzer jederzeit überprüfen, ob Bildausschnitte fehlen oder ungenügend sind und das Objekt aus zusätzlichen Blickwinkeln scannen. Dieses Echtzeit-Feedback ist nur möglich, weil die App die dreidimensionale Darstellung direkt auf dem Smartphone berechnet. „Das ist ein riesiger Vorteil gegenüber bisherigen Lösungen, welche die verschiedenen Bilder erst in der Cloud verarbeiten müssen, und das 3D-Modell erst einige Zeit nach der Aufnahme anzeigen können“, erklärt Marc Pollefeys. Für den Informatiker sind die bisherigen Methoden mit der analogen Fotografie vergleichbar. „Bevor digitale Kameras entwickelt wurden, sah man das Resultat auch erst dann, wenn man das Foto entwickelt hatte.“

Das 3D-Modell lässt sich sogar mit einem 3D-Drucker ausdrucken © ETH Zürich

Skulpturen, Objekte und Gesichter

Die Vorteile einer mobilen Anwendung liegen auf der Hand: 3D-Scans lassen sich mit dem Smartphone nicht nur überall und jederzeit machen. Mit den kleinen Geräten kann man Objekte auch einfach von verschiedenen Standpunkten aus abbilden. Die ETH-Technologie funktioniert selbst bei schlechten Lichtverhältnissen, wie beispielsweise in Museen oder Kirchen. So könnte künftig eine Besucherin im Museum eine Skulptur einscannen und sie später zu Hause detailliert betrachten und bearbeiten. Denkbar wäre auch, dass man das 3D-Modell in einer Cloud speichert und es von dort aus weiter verbessert.

Die Technologie erlaubt es auch, 3D-Modelle von Gesichtern zu erzeugen. Porträtbilder von Freunden und Familienangehörigen oder Profilbilder in sozialen Medien könnten so in Zukunft eine dritte Dimension erhalten. Anwendungen sehen die Wissenschaftler überall dort, wo Visualisierungen zum Einsatz kommen. Die 3D-Modelle können auch mit einem 3D-Printer ausgedruckt werden. Die App gibt es zurzeit erst als Demoversion, läuft aber auf fast allen gängigen Smartphones mit Android Betriebssystem.

(ETH Zürich, 05.12.2013 – NPO)

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