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Physik

Skurril: Formel für die perfekte Pizza

Forscher ermitteln physikalische Hintergründe des Pizzabackens

Der traditionelle Pizzaofen wird mit Holz geheizt, das Feuer brennt im gleichen Steingewölbe, in dem auch die Pizza backt. © wundervisuals/ iStock.com

Knusprig, dünn und mit saftigem Belag: So sollte die perfekte Pizza sein. Welche Physik hinter der optimalen Pizza steckt und welche Rolle dafür der Ofen spielt, haben nun Wissenschaftler nachgerechnet. Ihre „Pizza-Formel“ enthüllt: Im klassischen Steinofen gelingt die Pizza Margherita am besten bei 330 Grad und zwei Minuten Backzeit. Im heimischen Herd sind dagegen 230 Grad und knapp drei Minuten optimal.

Wer glaubt, Physik spielt nur in den entrückten Sphären der Wissenschaft und Forschung eine Rolle, der irrt. Denn Physik steckt überall in unserem Alltag. Die Spanne reicht vom Verhalten unserer Schnürsenkel über Phänomene wie Seifenblasen, trocknende Tropfen oder die Bläschen im Sekt bis hin zum Trendgetränk Latte Macchiato oder den verborgenen Geheimnissen des Wassers.

Physik des Backens

Jetzt haben sich Andrey Varlamov vom Materialforschungsinstitut in Rom und seine Kollegen eine der beliebtesten Speisen weltweit vorgenommen: die Pizza. Typisch für sie ist ein Boden aus dünnem, knusprig gebackenem Hefeteig, und darauf ein saftiger Belag mit Tomatensauce, Gewürzen, Mozzarellakäse und je nach Variante verschiedensten anderen Zutaten. Italienische Pizzabäcker backen ihre Pizza dabei traditionell in einem gemauerten Steinofen, der mit Holz befeuert wird.

Doch was ist das physikalische Geheimnis der perfekt gebackenen Pizza? Das haben die Forscher nun ermittelt, in dem sie unter anderem die Wärmeleitfähigkeit der Ofensteine oder des Ofenstahls beim heimischen Herd berechneten, aber auch die thermische Strahlung im Ofen und die Wärmeausbreitung innerhalb der Pizza. Aus der Kombination dieser Parameter erstellten sie dann eine Formel für die perfekt gebackene Pizza.

Leitfähigkeit des Materials entscheidend

„Wir beginnen mit der Berechnung der Temperatur an der Grenzfläche zwischen der Pizza und der Ofenoberfläche, auf der sie liegt“, erklären die Forscher. Beim Steinofen gilt eine Anschürtemperatur von 330 Grad bei Pizzabäckern als optimal. Wegen der relativ geringen Wärmeleitfähigkeit der Ofensteine liegt die Temperatur an der Unterseite der Pizza dabei nur bei rund 208 Grad – perfekt für einen knusprigen Boden.

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Der Klassiker: die Pizza Margherita. An ihrem Beispiel haben die Physiker ihre Berechnungen angestellt. © ElfQrin (Valerio Capello)/ CC-by-sa 3.0

Anders ist dies beim heimischen Elektroherd: Die Stahlwände des Herdes und das Backblech haben eine fast 20-fach höhere Wärmeleitfähigkeit. Würde man den Backofen ebenfalls auf 330 Grad aufheizen, läge die Temperatur am Pizzaboden bei 300 Grad. „Das ist viel zu viel, die Pizza würde verkohlen“, berichten Varlamov und seine Kollegen. Um den Pizzaboden zuhause auf die optimale Knuspertemperatur von rund 210 Grad zu bringen, reicht im Elektroherd die Einstellung auf 230 Grad.

Strahlungswärme und Verdunstung bestimmen Garzeit

Für die Backdauer allerdings spielen noch zwei Faktoren eine Rolle: die

thermische Strahlung und die Verdunstung von Wasser aus der Pizza. Weil sich in dem rundum gemauerten Steinofen die Wände und der Boden gleichmäßig stark erhitzen, ist der gesamte Innenraum von starker Wärmestrahlung erfüllt: „Die Pizza wird durch diesen Fluss der infraroten Strahlung kontinuierlich von allen Seiten getroffen und aufgeheizt“, berichten Varlamov und seine Kollegen.

Die Intensität dieser Wärmestrahlung liegt beim Steinofen bei 7,5 Kilowatt pro Quadratmeter, wie die Physiker ausrechneten. „Das bedeutet, dass jeder Quadratzentimeter unserer Pizza pro Sekunde eine Energie von knapp 0,75 Joule erhält“, so die Forscher. 1,1 Kilowatt dieser Energie gibt die Pizza aber durch Verdunstung von Wasser aus Teig und Belag wieder ab – das entspricht etwa 15 Prozent. Bis der Boden knusprig und der Belag gar sind, ergibt sich daraus eine Backzeit für die Steinofenpizza von 125 Sekunden – fast genau zwei Minuten.

E-Herd braucht länger

Anders für die Pizza aus dem heimischen Backofen: In diesem Herd ist die Wärmestrahlung deutlich geringer. Die Pizza erhält hier nur eine Strahlungsenergie von rund 3,6 Kilowatt pro Quadratmeter – das ist weniger als halb so viel wie beim Steinofen, wie die Forscher ermittelten. Gleichzeitig bleibt der Energieverlust durch die Wasserverdunstung aber gleich. Damit die Pizza richtig gebacken ist, dauert es daher im Elektroherd deutlich länger: 170 Sekunden und damit knapp drei Minuten sollten es schon sein.

Und noch einen Tipp haben die Forscher für ehrgeizige Pizzabäcker parat: Wenn die Pizza üppiger belegt ist als die klassische Margherita, braucht sie selbst im Steinofen länger. Die Profis backen dann ihre Pizza zunächst zwei Minuten lang ganz normal und heben sie dann mit dem Schieber für weitere 30 Sekunden leicht an, damit die Wärmestrahlung den Belag gart, ohne dass der Boden verbrennt. (Physics Education, 2018; doi: 10.1088/1361-6552/aadc2e)

(arXiv, 13.11.2018 – NPO)

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