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Technik

Sieben von zehn Apps geben Daten an Dritte weiter

Smartphone-Anwendungen übermitteln sensible Informationen

Apps auf unserem Smartphone geben persönliche Daten nicht selten an Dritte weiter. © Triloks/ iStock.com

Datenaustausch im Verborgenen: Smartphone-Apps geben häufiger persönliche Daten an Dritte weiter als gedacht. Eine Studie zeigt: Immerhin 70 Prozent der im Test untersuchten Anwendungen übermitteln sensible Informationen an Drittanbieter wie Google Analytics, ohne dass der Nutzer etwas davon mitbekommt. Sogar speziell für Kinder entwickelte Apps sind demnach von den Datentransfers betroffen.

Viele Dinge, die wir heute in unserem Alltag tun, hinterlassen eine digitale Spur. Beim Einkauf mit der Kreditkarte, Surfen im Internet oder Nutzen des Smartphones geben wir oft mehr von uns preis als uns bewusst ist. So lassen sich aus vermeintlich anonymisierten Datensätzen zum Beispiel Abonnenten von Streamingdiensten identifizieren oder Kreditkartenbesitzer ihren Einkäufen zuordnen.

Zudem geben Apps auf Fitnesstrackern oder dem Smartphone persönliche Informationen häufig ohne unser Wissen an Dritte weiter – sei es unabsichtlich durch Sicherheitslücken oder ganz bewusst. Nicht selten helfen Drittanbieter wie Google Analytics App-Entwicklern etwa dabei, das Verhalten der Nutzer zu analysieren, Verbindungen zu den Sozialen Medien zu erstellen oder mit der Platzierung personalisierter Werbung Geld zu verdienen.

Die App Lumen Privacy Monitor zeigt, welche Informationen im Verborgenen übermittelt werden. © ICSI

Datenaustausch offengelegt

Doch wie weit verbreitet ist dieses Phänomen? Wissenschaftler um Narseo Vallina-Rodriguez von der University of California in Berkeley haben nun untersucht, wie oft Apps sensible Daten weitergeben, ohne dass der Nutzer etwas davon mitbekommt. Zu diesem Zweck entwickelten die Forscher eine eigene Android-App namens Lumen Privacy Monitor. Diese Anwendung registriert, wenn Apps persönliche Informationen an Dritte verschicken.

Mehr als 1.600 Smartphone-Nutzer erlaubten dem Team für die Untersuchung, das von der App seit Oktober 2015 offengelegte Verhalten sämtlicher Anwendungen auf ihrem Smartphone auszuwerten. Das Ergebnis: Immerhin 70 Prozent der rund 5.000 analysierten Apps stellen Verbindungen zu mindestens einem sogenannten Tracker her. Fünfzehn Prozent tauschen sogar mit fünf oder mehr dieser Drittanbieter Daten aus.

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Server in „unsicheren“ Ländern

Jeder vierte Tracker bekommt dabei auch sogenannte Unique Device Identifier übermittelt. Solche Daten machen es möglich, dass von unterschiedlichen Apps gesammelte Informationen einem konkreten Gerät und damit einem Nutzer zugeordnet werden können – zu diesen wichtigen Identifizierungsmerkmalen gehört zum Beispiel die Handynummer.

Besonders brisant: Über 60 Prozent dieser verborgenen Verbindungen übermitteln Daten an Server in den USA, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Singapur, China oder Südkorea – sechs Länder, die zum Teil Technologien zur Massenüberwachung einsetzen, wie die Forscher betonen. Regierungsinstitutionen in diesen Ländern könnten demnach Zugriff auf die Informationen haben, selbst wenn der Nutzer eigentlich aus einem Land mit strengeren Datenschutzbestimmungen wie Deutschland stammt.

Auch Apps für Kinder sind betroffen

Auch vor den Kleinsten machen die Datensammler dabei offenbar nicht halt. Das zeigte ein separates Experiment, bei dem Vallina-Rodriguez und seine Kollegen 111 speziell für Kinder entwickelte Apps testeten. So gaben immerhin elf dieser Anwendungen einen Unique Device Identifier preis.

Insgesamt glauben die Wissenschaftler, dass sie mit ihrer Auswertung lediglich an der Spitze des Eisbergs kratzen. „Obwohl unsere Daten einige der beliebtesten Android-Apps beinhalten, handelt es sich doch um eine kleine Stichprobe“, schreiben sie. Das Problem könne daher noch weitaus größer sein als die aktuelle Untersuchung zeigt.

„Mehr Transparenz“

Was also tun? Die Nutzer stünden vor einem Dilemma, meint das Team. Verhindern sie durch spezielle Einstellungen, dass sensible Daten ihr Smartphone verlassen, könnte dadurch zum Beispiel die Funktionsfähigkeit von Apps gestört werden. „Bestimmte Apps verweigern womöglich ihren Dienst, wenn sie keine Werbung laden können. Außerdem sind App-Entwickler auf solche Einnahmequellen angewiesen“, schreiben die Forscher.

Klar sei aber: Transparenz, strenge Regulierungen und ein besseres Bewusstsein für das Phänomen seien dringend notwendig: „Die Nutzer müssen wissen, welche Informationen über sie gesammelt werden, von wem, und wozu die Daten genutzt werden“, schließt das Team. „Nur dann kann die Gesellschaft entscheiden, welche Schutzmaßnahmen an welchen Stellen angemessen sind.“

(IMDEA Networks Institute, 12.06.2017 – DAL)

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