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Physik

Schreibprozess der DVD-RW entschlüsselt

Supercomputer hilft bei Aufklärung des schnellen Phasenwechsels beim Schreibprozess

DVDs © SXC

Filme und Musik auf einer DVD zu speichern, gehört zu unserem digitalen Alltag. Doch die physikalischen Grundlagen des Phasenwechsels während des Schreibprozesses einer DVD, waren nur zum Teil bekannt. Jetzt hat ein internationales Forscherteam erstmals diesen Phasenwechsel auch für DVD-RW aufgeklärt. Die jetzt in „Nature Materials“ veröffentlichten Erkenntnisse könnten helfen, leistungsfähigere Speichermaterialien zu entwickeln.

Die informationstragende Schicht einer DVD besteht aus einer polykristallinen Legierung aus mehreren chemischen Elementen. Die digitale Information wird darin in Form von Bits gespeichert, die jedes kaum 100 Nanometer groß sind. Die Legierung kann hier eine ungeordnete, amorphe oder eine geordnete, kristalline Struktur annehmen. Der Übergang zwischen den beiden Phasen erfolgt während des Schreibprozesses einer DVD und dauert nur einige Nanosekunden. Was dabei genau geschieht, war bisher nur in Teilen bekannt, zumal sich der Prozess zwischen normalen DVDs und DVD-RW unterscheidet.

Phasenübergang unterschiedlich bei DVD und DVD-RW

„Obwohl beide Legierungsfamilien Antimon und Tellur enthalten und scheinbar ähnlich sind, hat der Übergang zwischen den Phasen wesentliche Unterschiede“, erklärt Robert Jones vom Forschungszentrum Jülich, der in einem internationalen Team an dem Problem arbeitet. Die gängigen Legierungen für Speichermedien wie DVD-RAM oder Blu-ray Disc enthalten Germanium (Ge), Antimon (Sb) und Tellur (Te). Sie werden nach den Anfangsbuchstaben der Elementsymbole GST genannt. Für das Speichermedium DVD-RW wird in der Regel die Legierung AIST verwendet, die in kleinen Mengen Silber (Ag) und Indium (In) sowie ebenfalls Antimon (Sb) und Tellur (Te) enthält.

Für ihre Studie des Phasenwechsels von AIST nutzten die Forscher neben den experimentellen Daten und Röntgenspektren vom japanischen Synchrotron SPring-8 auch Simulationen am Jülicher Supercomputer JUGENE. Mit der Kombination der beiden Methoden ist es nun erstmals gelungen, die Strukturen der beiden Phasen von AIST zu bestimmen und ein Modell für den schnellen Phasenübergang zu entwickeln.

Modell der Kristallisierung der Legierung AIST in einer DVD: Oben links: Ein Laserstrahl (Pfeil hv) stößt die Bewegung des zentralen Antimon-Atoms (links) an, das daraufhin seine Bindung zu zwei Nachbarn austauscht. Oben rechts: Die grüne Vektorsumme der drei kurzen roten Bindungen ändert sich. Unten: Eine Reihe solcher Prozesse führt von der amorphen (links) zur kristallinen Form (rechts). © Forschungszentrum Jülich

Antimon-Atom entscheidend für Phasenwechsel

Sie zeigen, dass in AIST-Legierungen der Phasenübergang von außen nach innen verläuft. Das Bit wächst vom Rand, wo es an die kristalline Umgebung grenzt, nach innen zu. In der Zeitschrift Nature Materials erklären die Forscher dies nun über ihr „Bindungsaustauschmodell“. Dabei ist die lokale Umordnung des amorphen Bits durch eine kleine Bewegung des Antimon-Atoms ausschlaggebend. In einer Folge von vielen kleinen Schritten richtet sich Atom für Atom und damit das Gitter neu aus und kristallisiert, ohne dass Hohlräume und große Bewegungen notwendig sind. Letztlich haben die Antimon-Atome, angeregt durch den Laserstrahl, im Wesentlichen nur die Stärke der Bindung zu zwei benachbarten Atomen ausgetauscht, daher der Name „Bindungsaustauschmodell“.

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4.000 Prozessoren rechneten vier Monate lang

Die Berechnung des amorphen AIST ist die größte, die je in dem Forschungsbereich gemacht wurde. Rund 640 Atome wurden über den vergleichsweise langen Zeitraum von mehreren Hundert Pikosekunden simuliert, um die notwendige Genauigkeit zu erreichen. Etwa 4.000 Prozessoren des Jülicher Supercomputers JUGENE waren über vier Monate ausgelastet, um die richtigen Modellbedingungen zu bestimmen. Neben der reinen Rechenleistung sind aber vor allem fundierte Kenntnisse sowohl im wissenschaftlichen Rechnen als auch in der Modellierung von Festkörpern notwendig. „Das Forschungszentrum Jülich ist wohl einer der wenigen Orte, wo diese drei Aspekte zusammentreffen“, freut sich Jones.

Neue Erkenntnis hilft Speichermedien zu verbessern

Bereits in früheren Arbeiten hat das Forscherteam die Vorgänge in GST nachvollzogen. Beim Phasenübergang in GST-Legierungen kristallisiert das amorphe Bit durch Keimbildung, das heißt, dass sich im Innern spontan Kristalle bilden, die schnell wachsen, bis das Bit ausgefüllt ist. Der schnelle Übergang lässt sich dadurch erklären, dass amorphe und kristalline Phasen aus den gleichen Strukturen bestehen, nämlich den sogenannten „ABAB“-Ringen. Diese viereckigen Ringe aus zwei Germanium- oder Antimon- und zwei Tellur-Atomen können sich in den vorhandenen Hohlräumen bewegen und umordnen, ohne dass viele atomare Bindungen brechen.

Das tiefere, theoretische Verständnis der Vorgänge beim Beschreiben einer DVD kann helfen, bessere

phasenwechselnde Materialien gezielt zu entwickeln, die Speichermedien mit größerer Kapazität, längerer Datenhaltbarkeit oder geringerer Zugriffszeit ermöglichen. (Nature Materials, 2011; DOI:10.1038/NMAT2931)

(Forschungszentrum Jülich, 10.01.2011 – NPO)

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