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Technik

Schnelltest spürt Schäden an Brücken auf

Vibrationsmessung verrät den Zustand der Stahlseile von Spannbetonbrücken

Rund 38.000 Brücken gibt es im deutschen Straßennetz. Immer mehr davon sind extern vorgespannte Betonbrücken © Institut für Massivbau und Baustofftechnologie am KIT

Straßenbrücken müssen regelmäßig auf Mängel überprüft werden. Ein neuer Schnelltest könnte dies bei bestimmten Spannbetonbrücken einfacher, schneller und günstiger machen. Denn die Brücken können damit bei laufendem Verkehr innerhalb nur eines Tages auf Schäden an den Spannseilen untersucht werden.

Straßenbrücken sind enormen Belastungen ausgesetzt. Vor allem der Schwerlastverkehr macht ihnen zu schaffen. Um Schäden rechtzeitig zu erkennen, müssen sie regelmäßig visuell begutachtet und alle sechs Jahre detailliert überprüft werden. Das schreibt die deutsche Norm DIN 1076 vor, welche die Überwachung und Prüfung von Straßenbauwerken hinsichtlich Standsicherheit, Verkehrstauglichkeit und Dauerhaftigkeit regelt. Die bislang dafür existierenden Verfahren sind allerdings aufwändig und teuer, zudem müssen die Brücken teilweise für den Verkehr gesperrt werden.

Externe Stahlseile sorgen für Spannung

Für Spannbetonbrücken mit externen Spanngliedern könnte sich das bald ändern. Diese Spannbetonbrücken sind in Deutschland weit verbreitet, seit rund 20 Jahren werden die meisten größeren Talbrücken mit externen, nicht in den Beton eingegossenen Spanngliedern gebaut. Dabei befindet sich unterhalb der Fahrbahn ein Hohlkasten aus Beton, in dem dicke Stahlseile verlaufen. Dieser Spannstahl gibt dem Beton die nötige Stabilität.

Schäden an den Stahlseilen können daher fatale Folgen für die gesamte Brücke haben und werden meist viel zu spät entdeckt. Lothar Stempniewski und Steffen Siegel vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun einen Schnelltest entwickelt, mit dem diese Brücken bei laufendem Verkehr innerhalb nur eines Tages auf Schäden an den Spannseilen untersucht werden können.

Schwingungen im Stahlseil verraten Zustand

Das Prinzip des neuen Verfahrens ist einfach: Es misst die Schwingungen in den Spannseilen und vergleicht die Ergebnisse mit Werten aus früheren Messungen. „Wenn die Spannkraft eines Seiles nachlässt, nimmt die Frequenz ab. Ungewöhnliche Veränderungen der Frequenz deuten folglich auf Schäden an den Drähten oder Litzen hin“, erklärt Siegel. Das Verfahren erfasst die Frequenzspektren mit einer Genauigkeit von 0,01 Hz und ist bei allen hierzulande verwendeten Arten von externen Spanngliedern einsetzbar.

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Das Verfahren könnte künftig auch zur Überprüfung von Schrägseilbrücken und Windkraftanlagen eingesetzt werden. © Institut für Massivbau und Baustofftechnologie am KIT

Voraussetzung für das Aufspüren von Abweichungen ist die sogenannte Nullmessung, also die Erfassung eines Ausgangswertes. Über mehrere Messungen hinweg kann so der Zustand der Spannglieder recht gut abgeschätzt werden und im Zweifelsfall im Anschluss eine um ein vielfaches teurere Detailuntersuchung durchgeführt werden. In Zusammenarbeit mit dem KIT wurde bereits ein Messgerät entwickelt, das die erfassten Werte speichert und bei späteren Messungen Frequenzveränderungen aufzeigt. „Die Ergebnisse liegen sofort vor, zudem ist das Gerät einfach zu bedienen. Daraus ergeben sich massive Zeit- und Kostenersparnisse bei der Prüfung von externen Spanngliedern“, sagt Siegel.

Erste Tests laufen schon

Der neue Schnelltest hat ein enormes Potenzial: Die Messungen sind im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren wie Ultraschall, Radiografie oder magnetinduktiver Prüfung wesentlich einfacher und um bis zu 95 Prozent kostengünstiger. Zudem liefern sie sofort verwertbare Ergebnisse. Das Verfahren wurde 2009 als europäisches Patent angemeldet, derzeit werden drei Brücken in Baden-Württemberg überprüft, weitere Brücken in Deutschland und im europäischen Ausland sollen folgen.

Die Forschungen am KIT laufen derweil weiter, denn das Verfahren eignet sich auch zur Überprüfung von externen Windenergieanlagen (sogenannte Hybridtürme), von seilabgespannten Konstruktionen wie Stadiondächern und von Schrägseilbrücken wie beispielsweise der Rheinbrücke bei Karlsruhe. Bis das Verfahren für diese speziellen Anwendungsbereiche marktreif ist, werden aber wohl noch einige Monate vergehen.

(Technologie Lizenz-Büro (TLB) der Baden-Württembergischen Hochschulen GmbH, 18.11.2013 – NPO)

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