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Physik

Schnappschuss aus der Quantenwelt

Oszillation von Elektronen-Spins kann durch zwei Laser-Pulse nachvollzogen werden

Atom
Die Spins von Elektronen können mit der neuen Technik auch im zeitlichen Verlauf analysiert werden. © aleksandarnakovski / GettyImages

Wissenschaftler haben eine neue Spektroskopie-Methode zur Bestimmung des Elektronen-Spins in Molekülen vorgestellt. Sie können dadurch insbesondere den zeitlichen Verlauf der Spins unter Einfluss eines Magnetfeldes darstellen – quasi den „Quantenpuls“ der Elektronen. Die Forscher nutzen dafür zwei zeitversetzte Laser-Pulse, wie sie im Fachmagazin „Science“ berichten. Sie erhoffen sich, mithilfe dieser Technik neue Erkenntnisse zur Spin-Oszillation bei speziellen chemischen Reaktionen, aber auch in organischen Leuchtdioden oder Quantencomputern zu gewinnen.

Elektronen besetzen die energetisch bedingten Orbitale in einem Molekül im Regelfall paarweise. Dabei ist der Eigendrehimpuls der Elektronen, ihr sogenannter Spin, von entscheidender Bedeutung. Nach dem Pauli-Prinzip der Quantentheorie können zwei Elektronen nur dann auf der gleichen Bahn laufen, wenn ihr Spin antiparallel ist: Dreht sich das eine Elektron rechtsherum, muss sich das andere linksherum drehen.

Getrennt deutlich flexibler

Ein solches Elektronenpaar kann jedoch durch Energiezufuhr, beispielsweise in Form von Licht, getrennt werden. Dabei wird eines der beiden Elektronen auf ein energetisch höheres Niveau gehoben und kann dann auch auf eine freie Bahn eines Nachbarmoleküls überspringen. Nach dieser sogenannten photoinduzierten Elektronenübertragung sind die ursprünglichen Elektronenpartner in ihrem Spin nicht mehr durch das Pauli-Prinzip eingeschränkt, weshalb dieser sich unabhängig verändern kann.

Dieses Verhalten ist unter anderem bei Radikalen zu beobachten – Molekülen, die jeweils eine ungerade Elektronenzahl enthalten. Sind die Spins der vereinzelten Elektronen zweier Radikale parallel ausgerichtet, spricht man von einem Triplett-Zustand des Radikalpaares. Sind sie antiparallel ausgerichtet, befinden sich die Elektronen im Singulett-Zustand. Durch die freie Entwicklung der beiden Spins wechselt das Radikalpaar oszillierend zwischen Singulett- und Triplett-Zustand hin und her.

Bestimmung über Laser-Pulse

Wie sich dieser Verlauf unter bestimmten Einflüssen gestaltet, war bisher allerdings nur schwer nachzuvollziehen, da der Zustand des Elektronenpaares bislang optisch nicht direkt verfolgbar war und nur über das chemische Endprodukt ausgewertet werden konnte. Ein Forscherteam um Ulrich Steiner von der Universität Konstanz hat nun eine Methode vorgestellt, mit der ein zeitlicher Verlauf der Singulett/Triplett-Einstellungen eines Radikalpaares optisch bestimmt werden kann.

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Spektroskopie
Nach dem Pump-Puls wechseln die Radikalpaare zwischen dem Singulett- und dem Triplett-Zustand. Mithilfe des Push-Pulses kann das Verhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgelesen werden. © Christoph Lambert / Universität Würzburg

Bei der dafür verwendeten Pump-Push-Technik kommen zwei zeitlich versetzte Laser-Pulse zum Einsatz. Der erste, sogenannte Pump-Laser-Puls, löst eine Elektronenübertragung zwischen zwei Molekülen aus. Dem entstandenen Radikalpaar wird dann etwas Zeit gegeben, bevor der zweite Laser hinterhergeschickt wird.

„Durch diesen zweiten, sogenannten Push-Laser-Puls wird das Elektron wieder zurückübertragen, wobei das System dazu gezwungen wird, sofort die Entscheidung zwischen Triplet- oder Singulett-Produkt zu treffen. Normalerweise würde sich das Radikalpaar dafür mehrere Spin-Oszillationsperioden Zeit lassen“, erklärt Steiner. Auf diese Weise lässt sich quasi ein Schnappschuss des Spin-Zustandes des Radikalpaares aufnehmen, da die Elektronen je nach Zustand eine bestimmte Signatur hinterlassen. Wird der Vorgang mit unterschiedlichem Zeitversatz wiederholt, kann letztendlich auch ein zeitlicher Verlauf der Spin-Entwicklung dargestellt werden.

Quantencomputer und Zugvögel

Dieser Verlauf, in dem die Radikalpaare zwischen Singulett- und dem Triplett-Zustand hin- und herpendeln, ist auf verschiedenen wissenschaftlichen Anwendungsgebieten von Interesse. So kommen diese Interaktionen in photoaktiven Proteinen wie den pflanzlichen Cytochromen vor, aber auch in von einem Magnetfeld angeregten organischen Leuchtdioden. Das hängt damit zusammen, dass die Spin-Entwicklung der Elektronen durch ein Magnetfeld gezielt beeinflusst werden kann.

Ebenfalls eine Rolle könnten diese Quantenspin-Oszillationen bei künftigen Quantencomputern spielen. „Unser Radikalpaar kann als Modell für Qubits dienen, wie sie in Quantenrechnern als Elemente vorhanden sind“, sagt Steiner. Wissenschaftler gehen außerdem davon aus, dass auch der Orientierungssinn von Zugvögeln über den Einfluss des Erdmagnetfelds auf den Spin-Zustand von Radikalpaaren funktioniert. Die Pump-Push-Technik könnte auch hier weiteren Aufschluss geben. (Science, 2021; doi: 10.1126/science.abl4254)

Quelle: Universität Konstanz

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