Eine spektakuläre Nahaufnahme des uns nächstgelegenen supermassereichen Schwarzen Lochs ist jetzt einem internationalen Forscherteam gelungen. Die Wissenschaftler untersuchten das Zentrum der Radiogalaxie Centaurus A in nur zwölf Millionen Lichtjahren Entfernung, die ein Schwarzes Loch mit der 50-Millionenfachen Masse der Sonne beherbergt. Ergebnis: Die erhaltenen Daten zeigen zwei entgegen gerichtete stark gebündelter Materieströme, die in unmittelbarer Nähe des Schwarzen Lochs auf Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden.
Die einzigartige Bildqualität wurde möglich durch die erstmalige Einbindung zweier vom Bundesamt für Kartografie und Geodäsie (BKG) betriebener deutscher Radioteleskope in ein interkontinentales Teleskopnetzwerk, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift „Astronomy & Astrophysics“. Sie beobachten im Rahmen des TANAMI-Projekts (Tracking Active Galactic Nuclei with Austral Milliarcsecond Interferometry) Schwarze Löcher in den Zentren von aktiven Galaxien. Diese Schwarzen Löcher können Millionen- bis sogar Milliardenfach schwerer als unsere Sonne sein.
Den Astronomen gelang es, in ihrer neuen Aufnahme der Radiogalaxie Centaurus A Strukturen mit einer Größe von nur 0,04 Lichtjahren abzubilden. Das stellt einen neuen Rekord bei der Erforschung extragalaktischer Schwarzer Löcher dar.
Jets an Entstehung und Entwicklung von Galaxien beteiligt
Beim Einfall von Materie auf ein Schwarzes Loch wird eine enorme Energiemenge freigesetzt. Diese Energie wird genutzt, um einen Teil der einfallenden Materie zu bündeln und mit nahezu Lichtgeschwindigkeit wieder aus dem Einflussbereich des Schwarzen Lochs hinauszukatapultieren. Aufgrund der starken Wechselwirkung dieser Jets mit dem umgebenden Gas spielen diese spektakulären Objekte so eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Entwicklung von Galaxien im Universum.
„Um solche aktiven Galaxien und ihre Rolle im Universum verstehen zu können, ist es unerlässlich, die Entstehungsregionen ihrer Jets mit höchstmöglicher Bildschärfe abzubilden“, erklärt die Astronomin Cornelia Müller von der Universität Erlangen-Nürnberg.
Das TANAMI-Team, an dem auch Wissenschaftler des Bonner Max-Planck-Instituts für Radioastronomie beteiligt sind, nutzt die Radioteleskope des Australischen „Long Baseline Array“, die mit weiteren Teleskopen in Südafrika, Chile und der Antarktis zusammengeschaltet werden, um die qualitativ hochwertigsten Aufnahmen der hellsten Jets des Südhimmels zu erstellen. „Mittels moderner Computermethoden entstehen Bilder mit der Schärfe eines einzigen riesigen Zehntausendmeter-großen Teleskops“, sagt Hayo Hase (BKG) und ergänzt: „Durch die Beteiligung der beiden deutschen Radioteleskope TIGO in Concepción, Chile und auf der Antarktisstation O’Higgins konnten wir seit 2008 die Bildqualität und Auflösung für TANAMI extrem steigern“.
Wo wird Gammastrahlung produziert?
Faszinierenderweise senden solche Jets nach Angaben der Forscher aber nicht nur Radiostrahlung aus, sondern auch höchstenergetische Gammastrahlung. „Eine der wichtigsten Fragen der Astrophysik ist, wo diese Gammastrahlung produziert wird. Nur in Centaurus A und nur mit TANAMI erreichen wir derzeit die nötige Bildauflösung, um diese Regionen abbilden zu können“, führt Professor Matthias Kadler von der Universität Würzburg aus. Das TANAMI-Team wird mit kontinuierlich fortgeführten Überwachungsmessungen der Radiostruktur und der veränderlichen Gammastrahlung von Centaurus A, dem Ursprung dieser Gammastrahlung und weiteren Rätseln der Schwarzen Löcher auf der Spur bleiben.
„Die Untersuchung aktiver Galaxienkerne und Jets am Südhimmel im Rahmen des TANAMI-Projekts stellt eine hervorragende Ergänzung unserer Forschungsarbeit dar, die sich im Rahmen zahlreicher Beobachtungskampagnen des internatonalen VLBI-Netzwerks von Radioteleskopen bisher überwiegend am Nordhimmel abgespielt hat“, sagt Professor Anton Zensus vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie, einer der Ko-Autoren der neuen Studie .
„Wir finden aktive Galaxien mit extrem massereichen Schwarzen Löchern im Zentrum sowohl am Nordhimmel als auch am Südhimmel. Aber Centaurus A stellt als nächstgelegene aktive Radiogalaxie in nur zwölf Millionen Lichtjahren Entfernung einen Solitär dar, bei dem wir das zentrale Schwarze Loch so detailliert untersuchen können wie bei keiner anderen Galaxie.“ (Astronomy & Astrophysics, 2011; www.aanda.org/10.1051/0004-6361/201116605)
(Max-Planck-Instituts für Radioastronomie, 23.05.2011 – DLO)