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Geowissen

Satelliten-Trio enträtselt das Erdinnere

Meilenstein bei SWARM-Mission erreicht

SWARM im All © Astrium

Die für Mitte 2012 geplante SWARM-Mission wird Jules Vernes Reise zum Mittelpunkt der Erde indirekt nachvollziehen. Denn um neue Einblicke in die Zusammensetzung und die Prozesse im Erdinneren zu erhalten, braucht man heute weder zu graben noch zu bohren. Man muss vielmehr in eine Erdumlaufbahn fliegen, um mithilfe von „Augen aus dem All“ das Erdmagnetfeld und seine Entwicklung mit einer bisher nicht erreichten Genauigkeit zu untersuchen. Ein wichtiger Meilenstein bei der Realisierung des SWARM-Projektes ist nun erreicht: Der erste von gleich drei baugleichen Satelliten ist fertig.

„Die Mission besteht aus einem Satelliten-Trio, das auf dem Konzept des Geoforschungssatelliten CHAMP basiert“, erläutert Professor Hermann Lühr, Projektkoordinator von SWARM am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ.

„Am GFZ haben wir mit CHAMP bereits überraschende Einsichten in das Erdmagnetfeld gewonnen, die uns auch vor neue Fragen stellten. SWARM soll unsere Kenntnis des Magnetfeldes erweitern. Wir erhoffen uns Auskunft über Stromsysteme in der Ionosphäre, über das Magnetfeld der Lithosphäre, die Elektronendichte im erdnahen All und über das Magnetfeld an der Grenze zwischen Erdkern und -mantel.“

SWARM-Konstellation © ESA / AOES Medialab

Das Magnetfeld schwächelt

Die Erde ist einem ständigem Beschuss mit energiereichen Teilchen von der Sonne und aus dem Weltall ausgesetzt. Glücklicherweise schützt uns das Erdmagnetfeld vor dieser gefährlichen Strahlung. Während der letzten Dekaden haben Messungen des Magnetfelds jedoch gezeigt, dass das Erdmagnetfeld und damit unser natürliches Schutzschild schwächer werden.

Präzise Messungen des Satelliten CHAMP offenbarten, dass die Feldstärke in bestimmten Gebieten Südamerikas und über dem Südatlantik rasch abnimmt. Die beobachtete Abnahme ist mit bis zu zwölf Prozent in 30 Jahren am stärksten über dem Südatlantik, gerade dort, wo sich die Schwächezone des Magnetfeldes befindet. Bereits jetzt erleiden Raumfahrzeuge in dieser Region die meisten Störungen und die Besatzung der internationalen Raumstation ISS erhält hier die höchste Strahlendosis auf ihrem Umflug.

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Mission startet 2012

Daher ist es dem GFZ zufolge dringend erforderlich, die unvorhersehbare, zukünftige Entwicklung des Erdmagnetfelds genauestens zu überwachen. Diese Aufgabe kann am besten von niedrig fliegenden Satelliten bewältigt werden. Die ESA-Raumflotte mit den drei SWARM-Satelliten ist auf diese Herausforderung bestens zugeschnitten. Das Satellitentrio soll 2012 vom russischen Weltraumbahnhof Plesetsk ins All starten.

Die Satelliten werden auf einer polaren Umlaufbahn in 490 Kilometer Höhe ausgesetzt. Nach vier Jahren werden zwei

nebeneinander fliegende Satelliten auf einer Orbithöhe von 300 Kilometer unterwegs sein. Die Bahn des dritten Satelliten wird dann um 90 Grad versetzt über das tiefer fliegende Paar

hinweg führen.

Magnetisierte Gesteine und elektrisierte Atmosphäre

Hoch auflösende Magnetfeldmessungen mit Hilfe von SWARM werden auch der Kartierung von magnetisierten Gesteinen und Sedimenten dienen. Das resultierende magnetische Bild der Erdkruste einschließlich des Ozeanbodens wird unser Verständnis der geologischen Formationen erheblich verbessern und zum Auffinden von Mineralien und Erzlagerstätten sehr nützlich sein.

Neben dem Magnetfeld erkunden die SWARM-Satelliten auch die obere, zum Teil ionisierte und elektrisch leitende Atmosphäre. Heutzutage werden Schwankungen in der Elektronendichte in diesem Höhenbereich große Aufmerksamkeit geschenkt, da sie Funkwellen streuen und Signale der GPS-Navigation stören oder ganz unterbrechen können. Das Satelliten-Trio ist in der Lage, Gebiete mit solchen flimmernden Störungen aufzuspüren und diese Informationen in kurzer Zeit an GPS-Nutzer zu übermitteln. Diese Technik kann somit einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung des Flugverkehrs leisten.

Ozeanströmungen im Visier

Eine weitere, große Herausforderung ist laut den GFZ-Wissenschaftlern die Beobachtung von Ozeanströmungen. Die Bewegung des elektrisch leitenden Salzwassers erzeugt ein schwaches Magnetfeld. Mit CHAMP war es am GFZ erstmals gelungen, magnetische Signale der Meeresgezeiten aufzunehmen und als solche zu identifizieren. Die SWARM-Mission mit ihren weiterentwickelten Instrumenten und ihrer speziellen Satelliten-Konstellation soll es ermöglichen, die großräumigen Meeresströmungen räumlich und zeitlich zu verfolgen.

Die Dynamik der Ozeane spielt für das Klimageschehen eine wichtige Rolle. Die SWARM-Mission kann einen wesentlichen Beitrag zur Klimaforschung leisten, indem sie hilft, das Muster der globalen ozeanischen Zirkulation aufzudecken.

Dreidimensionale Darstellung des Magnetfeldsignales der Lithosphäre in 100 km Höhe. Besonders herausstechend ist die Kursk-Magnetfeldanomalie. Sie erzeugt das stärkste Signal in Satellitenhöhe und kann mit dem gleichnamigen Eisenerzlager in Russland in Verbindung gebracht werden. Prominent tritt auch die Bangui-Anomalie in Zentralafrika hervor, deren Herkunft noch ungeklärt ist. © GFZ

Satelliten als Werkzeuge der Geowissenschaften

Professor Reinhard Hüttl, Vorstandsvorsitzender das GeoForschungsZentrums, begrüßt die Einrichtung des SWARM-Projektbüros am GFZ: „Satelliten sind ein unverzichtbares Werkzeug der Geowissenschaften. Die erfolgreichsten deutschen Raumfahrtmissionen waren Erdbeobachtungsmissionen, und in kaum einer anderen Wissenschaft ist der Weg von der Forschung bis zur Anwendung so kurz wie in der raumgestützten Erdbeobachtung.“

(Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ / Astrium, 21.10.2010 – DLO)

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