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Technik

Röntgenlaser bekommen eine „Brille“

Neue Optik bündelt Röntgenstrahlen verlustfreier und stärker als je zuvor

Profil des fokussierten Röntgenstrahls ohne (oben) und mit Korrekturoptik © Frank Seiboth/ DESY

Ultrascharfe Pulse: Forscher haben Röntgenlasern erstmals eine „Brille“ verpasst. Die maßgeschneiderte Quarzglaslinse korrigiert bisher fast unvermeidliche Linsenfehler im Nanometerbereich. Dadurch lassen sich künftig Röntgenstrahlen stärker und verlustfreier fokussieren – und können so tiefere Einblicke in die Nanowelt liefern, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten.

Die hellen, aber stark gebündelten Röntgenstrahlen von Röntgenlasern und Synchrotronen sind wichtige Werkzeuge für die Erforschung kleinster Strukturen und chemischer Reaktionen. Doch den Röntgenstrahl dafür ausreichend stark und präzise zu fokussieren ist nicht einfach. „Es gibt nur wenige Materialien, aus denen sich geeignete Röntgenlinsen und -spiegel bauen lassen“, erläutert Andreas Schropp vom Deutschen Elektronen-Sychrotron (DESY). Meist werden für die Röntgenoptiken Linsen aus Beryllium eingesetzt.

Linsenfehler nahezu unvermeidlich

Doch es gibt noch ein Problem dabei: „Da die Wellenlänge von Röntgenstrahlung sehr viel kleiner ist als von sichtbarem Licht, erfordert die Herstellung solcher Röntgenoptiken eine viel größere Präzision als im optischen Wellenlängenbereich“, sagt Schropp. „Schon sehr kleine Formfehler der Optik können sich störend auswirken.“ Doch bei der Formung der Beryllium-Linsen durch spezielle Stempel lassen sich Abweichungen von einigen hundert Nanometern kaum vermeiden.

Als Folge davon streuen diese Linsen mehr Röntgenlicht als nötig aus dem Fokus heraus, so dass der Strahl im Zielbereich an Intensität verliert. Für viele Anwendungen spielen diese Fehler keine Rolle. Doch wenn der Röntgenlaser winzige Proben aufheizen soll oder hochgenaue Strukturaufnahmen durch die Röntgenpulse benötigt werden, beeinträchtigt dies die Ergebnisse.

Prinzip der "Korrekurbrille" für Röntgenlaser © Frank Seiboth/ DESY

Maßgeschneiderte „Brille“ aus Quarzglas

Abhilfe schafft nun eine Art „Korrekturbrille“ für Röntgenlaser und Co, die Schropp und seine Kollegen entwickelt haben. Dafür vermaßen die Wissenschaftler zunächst minutiös die Fehler in ihrer Beryllium-Röntgenoptik. Auf Basis dieser Daten schnitten sie dann mit Hilfe eines Präzisionslasers eine passgenaue Korrekturlinse aus Quarzglas. Die Wirkung dieser Brille testeten die Forscher am Röntgenlaser LCLS des US-Forschungszentrums SLAC in Kalifornien.

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Das Ergebnis: „Ohne die Korrekturlinse fokussierte unsere Optik rund 75 Prozent des Röntgenlichts auf eine Fläche mit etwa 1.600 Nanometern Durchmesser. Das ist in etwa zehn Mal so groß wie der theoretisch mögliche Wert“, berichtet Frank Seiboth von der Technischen Universität Dresden. „Mit der Brille schrumpfte diese Fläche auf rund 250 Nanometer Durchmesser und lag damit nah am theoretischen Optimum.“ Im Zentralbereich des Fokus landete so rund dreimal mehr Röntgenlicht als ohne die Korrekturoptik.

Die Korrekturlinse unter dem Elektronenmikroskop © DESY NanoLab

Funktioniert auch bei anderen Röntgenquellen

Um zu testen, ob solche Linsen auch bei anderen Röntgenquellen funktionieren, testete das Team die Kombination aus mobiler Standardoptik und maßgeschneiderter Brille auch an der Synchrotron-Röntgenquelle PETRA III des DESY und an der britischen Diamond Light Source. In beiden Fällen lieferte die Korrekturlinse eine vergleichbare Verbesserung wie am Röntgenlaser.

„Mit unserer Methode lässt sich im Prinzip für jede Röntgenoptik eine individuelle Korrekturlinse herstellen“, erläutert Studienleiter Christian Schroer vom DESY. „Diese sogenannten Phasenplatten können dabei nicht nur den aktuellen Röntgenlichtquellen zugute kommen, sondern insbesondere eine wesentliche Komponente für Röntgenlaser und die Synchrotron-Lichtquellen der nächsten Generation werden.“

Nach Ansicht der Forscher könnte die durch diese „Brille“ mögliche Fokussierung bis nahe an das theoretisch Machbare künftig völlig neue Untersuchungen ermöglichen, etwa die nichtlineare Streuung von Lichtteilchen an Materie oder die Erzeugung von Materieteilchen aus der Wechselwirkung von zwei Lichtteilchen. „Für diese Methoden muss die Röntgenstrahlung auf engstem Raum gebündelt werden, und eine effiziente Fokussierung ist daher unabdingbar“, so Schroer. (Nature Communications, 2017; doi: 10.1038/ncomms14623)

(Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY), 03.03.2017 – NPO)

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