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Physik

Quantenreaktion ohne „spukhafte Fernwirkung“

Quantensystem bringt auch ohne Verschränkung nicht-klassische Ergebnisse

Der zentrale Teil des optischen Aufbaus, der verwendet wird, um zu zeigen, dass selbst ein System, das keine Verschränkung zulässt, Merkmale aufweist, die üblicherweise diesem Phänomen zugeschrieben werden. © IQOQI / Jacqueline Godany

Quantenmechanik und klassische Physik gelten als inkompatibel, viele „klassische“ Regeln gelten im Reich der kleinsten Teilchen nicht. Dass dies nicht nur am Phänomen der Verschränkung liegt, haben jetzt Forscher erstmals in „Nature“ belegt. Sie verwendeten verwendeten ein Drei-Teilchen-System, das eine Verschränkung nicht zulässt und fanden trotzdem Resultate, die nicht auf klassische Weise interpretiert werden können.

Die Quantenphysik unterscheidet sich erheblich von dem, was wir in unserer Alltagswelt wahrnehmen, erfahren und als „klassische Physik“ bezeichnen. Betrachten wir beispielsweise einen Globus von nur einem Standpunkt aus, dann können wir jeweils nur eine Hemisphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt sehen. Drehen wir den Globus einmal um die eigene Achse, können wir unter der Annahme, dass die Form der Kontinente gleich bleibt, auch wenn wir sie gerade nicht sehen, letztendlich ein aussagekräftiges Bild unserer Erde konstruieren. Mit unseren Erfahrungen und Annahmen der klassischen Physik können wir einem System Eigenschaften zuordnen, ohne dass Messungen erforderlich wären.

Verschränkung macht Messergebnisse nicht-klassisch

Anders verhält es sich, wenn wir uns einen „Quantenglobus“ vorstellen. Im Gegensatz zum Globus, der sich aufgrund klassischer Annahmen von Eigenschaften wie ein Puzzle zusammenfügt, passen die Bilder beim Quantenglobus nicht zusammen. Es ergibt sich aber auch kein zufälliges Muster, vielmehr kann bereits im Voraus gesagt werden, um wie viel die einzelnen Teile nach der Beobachtung voneinander differieren. Bisher galt die Verschränkung von Quantenteilchen als Ursprung dieser Vorhersagbarkeit. Wenn zwei Teilchen miteinander verschränkt sind, beeinflussen Messungen, die an einem der beiden Teilchen vorgenommen werden, das andere Teilchen augenblicklich, gleichgültig wie weit entfernt sich die beiden Teilchen voneinander befinden.

Albert Einstein bezeichnete diese Verschränkung als „spukhafte Fernwirkung“. Asher Peres, einer der Pioniere der Quanteninformationstheorie, meinte in einem Brief an seine Kollegin Dagmar Bruß scherzhaft: „Verschränkung ist ein Trick, den ‚Quantenmagier‘ einsetzen, um Phänomene zu erzeugen, die von ‚klassischen Magiern‘ nicht kopiert werden können.“ Was aber, wenn im Experiment ein System herangezogen wird, das Verschränkung gar nicht zulässt? Sind die „Quanten-Magier“ gegenüber den anderen dann noch immer im Vorteil?

Unvereinbarkeit von Quantenmechanik und klassischer Physik auch ohne Verschränkung

Dieser Frage gingen jetzt Forscher der Fakultät für Physik der Universität Wien und des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften um Anton Zeilinger in einem Experiment nach. Sie verwendeten ein sogenanntes Qutrit – ein Quantensystem aus

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einem einzelnen Photon, das drei voneinander unterscheidbare Zustände einnehmen kann. Die Besonderheit dabei: Eine Verschränkung ist in diesem System nicht möglich.

Trotzdem aber ergaben die Messungen ein eindeutig nicht von Wahrscheinlichkeiten oder dem Zufall gesteuertes Ergebnis. „Unsere experimentellen Ergebnisse stehen im Konflikt mit jeder Beschreibung der Natur, die auf einer verbundenen Wahrscheinlichkeitsverteilung eines einfachen Satzes von Messungen beruht“, erklären die Forscher in ihrem Artikel. „Die Resultate zeigen damit eine tiefe Unvereinbarkeit von Quantenmechanik und klassischer Physik, die in keiner Weise auf Verschränkung beruhen kann“, erklären die Forscher in ihrem Artikel. (Nature, 2011; DOI: 10.1038/nature10119)

(Universität Wien, 27.06.2011 – NPO)

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