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Physik

Quanten-Paarbildung mit „Frustration“

Erstmals Quanteneffekte von „frustrierten“ Vielteilchensystemen simuliert

Schematische Darstellung der Paarbindungen in einem quantenmechanischen Vierteilchen-System © Felice Frankel

Einem internationalen Forscherteam ist es erstmals gelungen, Quanteneffekte von komplexen Vielteilchensystemen zu simulieren – mit Hilfe von ebenfalls quantenmechanisch verschränkten Photonenpaaren. Ihre jetzt im Fachjournal „Nature Physics“ veröffentlichten Ergebnisse verheißen künftigen Quantensimulatoren enormes Potenzial, Einblicke in noch ungeklärte Phänomene der Quantenwelt zu geben.

Viele internationale Forschungsgruppen befassen sich mit der Quantensimulation von sogenannten frustrierten Quantensystemen – wenn konkurrierende Wechselwirkungen nicht gleichzeitig befriedigt werden können. Sie sind Ausgangspunkt für Quanteneffekte wie zum Beispiel die Hochtemperatur-

Supraleitung, bei der Elektronen ohne Widerstand fließen können“, erklärt Anton Zeilinger, Professor für Quantenphysik an der Universität Wien. Bisher jedoch konnten solche Effekte nur teilweise untersucht werden, weil selbst das Verhalten von relativ kleinen Quantensystemen zu viele Informationen enthält, um mit herkömmlichen Computern berechnet zu werden. Wird aber ein anderes Quantensystem als Quantensimulator verwendet, können Antworten über die Eigenschaften von dem komplexen Quantensystem gewonnen werden.

Quantensimulation mit Hilfe von Quanten

Ein internationales Team von Wissenschaftlern aus China, Serbien, Neuseeland und Österreich hat nun mit Hilfe zweier verschränkter Photonenpaare diese Frustration bei der „Paarbildung“ genauer untersucht. Verschränkung ist eine Eigenschaft der Quantenmechanik, die kein Gegenstück in der klassischen Physik besitzt. Sind zwei Photonen miteinander verschränkt, bleiben sie über beliebig große Distanzen verbunden. Führt man eine Messung an einem der beiden Teilchen durch, ändert sich auf „spukhafte Weise“ auch der Zustand des anderen Teilchens. Verschränkte Systeme liefern damit vollkommen neue Ansätze zur Informationsverarbeitung, etwa auch die Simulation von anderen Quantensystemen.

„Erst seit kurzem ist unsere Quantentechnologie so weit fortgeschritten, dass wir nicht nur andere Quantensysteme nachbauen, sondern auch deren Dynamiken simulieren können“, erklärt Philip Walther, Verantwortlicher des Forschungsprojektes. „Wir können heutzutage quantenmechanisch präparierte Photonen gezielt verwenden, um Einblicke in andere Quantensysteme zu erhalten.“ Daher haben zwei in Polarisation verschränkte Photonen in vielerlei Hinsicht die gleichen

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quantenphysikalischen Eigenschaften wie Elektronenpaare in Materie.

Quantenteilchen im Bindungskonflikt

In diesem Experiment stehen einzelne Quantenteilchen (Photonen) dem Konflikt gegenüber, sich mit nur einem Partner exklusiv paaren zu können, es aber mit mehreren zu wollen – z.B. ein Elektron, dessen Spin, vergleichbar mit einen Minimagneten, wegen seines rechten Nachbarn nach oben und wegen seines linken Nachbarn nach unten zeigen sollte. „Die Lösung für solche Situationen liefert nur die Quantenphysik, da ein Spin in gewissem Sinne beides sein kann in Form von Überlagerungen. Dies führt zur Frustration. Das Quantensystem greift in die ‚Trickkiste‘ und erlaubt Quantenfluktuationen, sodass verschiedene, sich sonst ausschließende Paarbildungen als Superposition koexistieren können“, so Walther.

Somit bestätigt die Arbeit der Wiener Gruppe, dass Quantensimulation ein sehr gutes Mittel zur Berechnung von Quantenzuständen der Materie ist. Sie eröffnet den Weg zur Untersuchung weitaus komplexerer Situationen. (Nature Physics, Advanced Online Publication (AOP), 2011; DOI 10.1038/NPHYS1919)

(Universität Wien, 22.02.2011 – NPO)

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