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Ökologie

Proteintrio setzt Pflanzenschädlinge schachmatt

Wissenschaftler enthüllen molekulare Details der Pflanzenabwehr

Angreifer haben keine Chance, denn sie treffen auf ein hochkomplexes Immunsystem der Pflanze, das den Angreifer schon nach dem ersten Kontakt heftig abwehrt. Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Pilzspore, die versucht in die Pflanze einzudringen. © Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung

Gleich drei Protein-Bausteine benötigt eine Pflanze um einen an der Zellmembran sitzenden Komplex zu bilden, der Schädlinge durch gezieltes Ausscheiden von giftigen Stoffen abwehrt: Dies haben jetzt Kölner Wissenschaftler in Experimenten heraus herausgefunden über die sie in der aktuellen Online-Ausgabe von Nature berichten.

Pflanzen müssen sich tagtäglich gegen Angriffe von Krankheitserregern wie Pilze, Bakterien oder Viren wehren. Dabei muss das pflanzliche Immunsystem zwischen Eigen- und Fremdproteinen unterscheiden, um den Angreifer überhaupt erkennen zu können. Viele Erreger werden schon an der Pflanzenoberfläche abgewehrt. Dieser für die Pflanze überlebenswichtige Mechanismus war bisher kaum erforscht.

Das pflanzliche Immunsystem benutzt nun verschiedene Waffen im Kampf gegen potenzielle Krankheitserreger. Eine frühe Waffe mit breiter Wirksamkeit wird sofort nach dem ersten Kontakt mit dem Angreifer aktiviert und verhindert ein Eindringen in die Pflanze. Jetzt konnten Kölner Max-Planck-Forscher um Chian Kwon in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Großbritannien und Deutschland zwei weitere molekulare Puzzlesteine identifizieren, die bei dieser Form der Abwehr wichtig sind.

In Experimenten an der Ackerschmalwand – Arabidopsis thaliana – fanden die Wissenschaftler insgesamt drei verschiedene Proteine, die den so genannten SNARE-Komplex bilden, der über Tod oder Leben der Pflanzen nach Pilzbefall entscheidet. Es ist schon seit längerem bekannt, dass SNARE-Proteine im Inneren der Zelle den Transport von Stoffen mit Hilfe von kleinen Transportbehältern, den so genannten Vesikeln, steuern. Tausende solcher Vesikel ermöglichen eine beständige und geordnete Kommunikation zwischen verschiedenen Kompartimenten einer Pflanzenzelle. Die Stoffe werden durch Verschmelzen der Vesikel mit der Zellmembran frei gegeben.

Giftbeladene Vesikel

Neue Untersuchungen der Kölner Forscher haben nun ergeben, dass der SNARE-gesteuerte Vesikeltransport auch für die Abwehr von potenziellen Krankheitserregern genutzt wird. Die Wissenschaftler vermuten, dass sich in den Vesikeln ein Gift befindet, mit dem der Angreifer getötet wird.

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Das SNARE-Protein PEN und dessen Funktion bei der Abwehr waren den Forschern schon bekannt. Durch Experimente mit Mutanten der Ackerschmalwand, denen jeweils spezifische Proteine fehlten, fanden die Forscher zwei weitere Proteine – SNAP und VAMP -, die zusammen mit dem PEN-Protein den dreiteiligen SNARE-Abwehrkomplex bilden. Die große Überraschung: Fällt das VAMP-Protein aus, kann es durch ein chemisch ähnlich gebautes „Ersatz-VAMP“ ausgetauscht werden. „Das ist ein zusätzlicher, bisher unbekannter Zellmechanismus“, sagt Kwon.

Die beiden austauschbaren VAMP-Proteine erfüllen wichtige Funktionen in einem weiteren Prozess, der das Wachstum von Pflanzenzellen steuert. Offenbar benutzt die Zelle die gleichen Vesikel, in deren Hülle VAMP-Proteine sitzen, für zwei unterschiedliche Zwecke: zum einen für die normalen Transportwege während der Zellstreckung und zum anderen, im Falle des Angriffs von Krankheitserregern, für eine gezielte Abwehr. „Wahrscheinlich wird nur die Fracht der Vesikel für die Abwehrreaktion ausgetauscht“, so der Biologe.

Interessanterweise kann man SNARE-Proteine auch bei Tieren finden, wo sie ganz ähnliche Aufgaben bei der Steuerung des Vesikeltransports zu erfüllen haben. Dass sich Tier und Pflanze in diesem grundlegenden Abwehrmechanismus so ähnlich sind, überraschte die Forscher am meisten. Sie erwarten, dass man in Zukunft noch weitere Parallelen zwischen dem Immunsystem von Tier und Pflanze finden wird.

(MPG, 18.02.2008 – DLO)

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