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Technik

Platten gegen gefährliche Wirbelschleppen

DLR testet neues Verfahren zur Entschärfung von Turbulenzen auf Start- und Landebahnen

Wirbelschleppensimulation für einen Airbus A340 im Endanflug kurz vor der Landebahn. Unter dem Flugzeug ist eine der Plattenreihen dargestellt. Das DLR hat eine weltweit einmalige Methode entwickelt, die Umströmung des Flugzeugs mit dem Aufrollvorgang der Wirbelschleppe, als auch die weitere Entwicklung der Wirbel bis zu ihrem Zerfall zu simulieren. Hier sind die Wirbelschleppen bei ihrer Entstehung noch vor dem Zerfall dargestellt. © DLR

Künftig könnten Flugzeuge noch schneller hintereinander starten und landen – ohne Gefahr durch gefährliche Wirbelschleppen. Denn Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben ein Verfahren entwickelt, das diese Luftwirbel schnell zerstört. Spezielle Bodenplatten erzeugen eine Art Gegenwirbel, die die Turbulenzen zerfallen lassen. Dadurch könnte der bisher nötige Sicherheitsabstand zwischen den Flugzeugen verringert werden – und so bei dem einen oder anderen FLughafen ein Ausbau von Start- und Landebahnen überflüssig werden.

Wirbelschleppen sind langlebige Luftwirbel, die jedes Flugzeug hinter sich erzeugt. Sie rollen sich an den Flügelspitzen auf, wo der Unterdruck der Tragflächenoberseite und der Überdruck der Tragflächenunterseite zusammentreffen. Die mächtigen Wirbel können dicht nachfolgende Maschinen empfindlich auf ihrer Flugbahn stören und auch am Boden an Gebäuden zu Schäden führen. Kleinere Maschinen sind besonders gegenüber Wirbelschleppen großer Jumbojets sensibel. Sie müssen daher einen Sicherheitsabstand von rund zehn Kilometern zu den vorausfliegenden schwereren Maschinen einhalten.

Platten zerstören Wirbel in Bodennähe

Während die Wirbel in höheren Luftschichten meist schnell absinken, verdriften und sich schließlich auflösen, verharren sie gelegentlich einige Zeit kurz vor der Landebahn, knapp über dem Boden. Doch genau dort setzen nachfolgende Flugzeuge zur Landung an. „Um die zirkulierenden Wirbel vor einer Landebahn schneller abzuschwächen, haben wir ein System parallel hintereinander angeordneter Platten, die sogenannte Plate Line, entwickelt“, erklärt Projektleiter Frank Holzäpfel vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre. „An den etwa vier Meter langen Platten bilden sich Sekundärwirbel, die die eigentlichen Wirbelschleppen deutlich schneller zerfallen lassen.“

Das DLR-Forschungsflugzeug HALO, eine modifizierte Gulfstream G550, überflog die Plattenreihen während der Messkampagne in nur 22 Meter Höhe. Die Forscher konnten durch Rauch über dem Versuchsfeld veranschaulichen, wie die eigentlich unsichtbaren Wirbelschleppen sich schneller über den Platten abschwächen. Mit einem Lasermessgerät (Lidar) zeichneten sie das Verhalten der Wirbelschleppen detailliert für nachfolgende Auswertungen auf. „Auch bisher hat das bereits patentierte Verfahren ausgezeichnet im Labor und in der numerischen Simulation funktioniert“, freut sich Holzäpfel über die gelungene Demonstration.

Nächster Schritt Verkehrsflughafen

Nach der ersten Demonstration sollen die Plattenreihen zukünftig an Verkehrsflughäfen getestet werden. Die Größe der Platten muss dann entsprechend der stärkeren Wirbelschleppen schwerer Verkehrsmaschinen angepasst werden. Ziel ist es, ein von den Luftfahrtbehörden zugelassenes System zu entwickeln, das schrittweise an Flughäfen installiert wird. Ein Wirbelschleppen-Warnsystem soll die Anwendung der neuen Bodenplatten zu einem Gesamtkonzept für mehr Wirbelschleppensicherheit vervollständigen.

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„Der Bau neuer Start- und Landebahnen auf etablierten Flughäfen ist mit einem immensen Aufwand verbunden. Oft ist der Platz knapp und zudem sind Siedlungsgebiete von den Erweiterungen betroffen“, sagt der DLR-Vorstandsvorsitzende Johann-Dietrich Wörner. „Wenn es gelingt, unter voller Gewährleistung der Sicherheit, Flugzeuge zukünftig dichter hintereinander landen zu lassen und damit Bahnerweiterungen zu vermeiden sowie bestehende Systeme effektiver zu nutzen, ist das ein Gewinn für die Flughäfen und deren Anwohner.“

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 03.05.2013 – NPO)

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