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Physik

Physiker erzeugen erste Quantenknoten

Erster Nachweis lange vorhergesagter Nano-Gebilde im Quantenfeld

Topologische Struktur eines quantenmechanischen Knotens - einem Gebilde aus verschlungenen Ringen. Der weiße Ring ist der Kern des Solitons (Feldrichtung nach unten), und die farbigen Bänder ringsum definieren eine Reihe ineinander verschachtelter Tori, die die verbundene Struktur der Feldlinien darstellen. Die Grenze des Knotens verläuft neben den dunkelgrauen Linien (Feldrichtung nach oben). © David Hall

Verschlungene Quantenringe: Erstmals haben Physiker verknotete Einzelwellen in einem quantenmechanischen Feld erzeugt. Diese teilchenähnlichen Quantenknoten wurden schon lange theoretisch vorhergesagt, erst jetzt jedoch gelang es, sie in einem Bose-Einstein-Kondensat zu erzeugen und nachzuweisen. Dies sei der Beginn einer neuen Ära der Quantenknoten, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Physics“.

Im Alltag macht man Knoten üblicherweise in Seilen oder Schnüren mit zwei freien Enden. In der Mathematik und Physik allerdings sind Knoten als geschlossene Kurven in einem dreidimensionalen Raum definiert – im Prinzip sind sie damit eine Art gordische Knoten. Denn diese Knoten besitzen keine freien Enden und lassen sich zwar verschieben, aber nicht lösen, ohne sie zu durchtrennen.

Fahndung im Reich der Quanten

Schon seit längerem vermuten Forscher, dass es auch in der Quantenwelt knotenähnliche Gebilde gibt. Sie manifestieren sich dort als sogenannte Solitons, teilchenähnliche Störungen in einem Quantenfeld. Ein Beispiel für zweidimensionale Versionen solcher Knoten sind Skyrmionen, magnetische Nanowirbel auf Oberflächen, die Physiker vor einigen Jahren gezielt produzierten.

Doch vollausgebildete, dreidimensionale Quantenknoten wurden bisher im Quantenreich nicht nachgewiesen. „Jahrzehntelang sind Physiker davon ausgegangen, dass Knoten in Quantenfeldern theoretisch möglich sein sollten, doch noch nie war es jemandem gelungen, sie zu erzeugen“, sagt Seniorautor Mikko Möttönen von der finnischen Aalto Universität. Ihm und seinen Kollegen ist es nun jedoch geglückt.

Aufnahmen des Bose-Einstein-Kondensats während der Knotenbildung. Die Helle zeigt die Dichte der Partikel entsprechend der nach oben oder unten verlaufenden Feldrichtung. © David Hall

Verknüpfte Ringe im Kondensat

Für ihre Studie erzeugten die Forscher zunächst ein Bose-Einstein-Kondensat aus Rubidium-Atomen. In diesem stark unterkühlten Zustand verhalten sich die Atome wie ein einziges großes Atom. Ihre Quantenzustände sind nicht mehr voneinander unterscheidbar und sie reagieren dadurch wie eine widerstandslose, suprafluide Flüssigkeit. Dieses Kondensat setzen sie anschließend schnellen Wechseln eines speziell angepassten Magnetfelds aus.

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Im Zentrum des Bose-Einstein-Kondensats entstand dadurch innerhalb von weniger als einer tausendstel Sekunde in winziger Bereich, in dem alle Magnetfelder den Wert Null annehmen. Und dadurch bildete sich der Quantenknoten. „Der Kern dieses Solitons lässt sich erst als Ring erhöhter Partikeldichte am Rand des Kondensats beobachten, der dann immer weiter zusammenschrumpft“, berichten die Forscher. Zum Schluss etabliert sich der Quantenknoten als Gebilde aus verknüpften Ringen.

„Neue Ära der Quantenknoten“

„Dies ist der Beginn der Quantenknoten-Ära“, sagt Möttönen. „Es wäre großartig, wenn wir das Entstehen noch komplizierterer Quantenknoten beobachten könnten, wie zum Beispiel solcher mit verknoteten Kernen.“ Und unwahrscheinlich ist dies nicht, denn den „Trick“ haben die Physiker offenbar inzwischen raus: „Nachdem wir gelernt hatten, wie der erste Quantenknoten erzeugt wird, wurden wir immer besser. Inzwischen haben wir mehrere Hundert solcher Knoten erzeugt.“

Nach Ansicht der Forscher könnte der Nachweis der Quantenknoten für viele Fachgebiete Bedeutung haben – von der Kosmologie über die Kernforschung bis hin zu Quantencomputern. Sie wollen nun in weiteren Experimenten die Eigenschaften der Quantenknoten näher untersuchen und herausfinden, wie sich diese Gebilde länger halten und besser stabilisieren lassen. (Nature Physics, 2016; doi: 10.1038/nphys3624)

(Aalto University, 19.01.2016 – NPO)

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