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Umwelt

Neues Verfahren gegen Hormone in Trinkwasser

Photokatalytische Reaktion macht biologisch wirksame Mikroschadstoffe im Wasser unschädlich

Membran
Eine speziell beschichtete Membran (rot) neutralisiert unter Lichteinfluss Hormonreste im Trinkwasser. © Markus Breig/ KIT

Gegen kleinste Verunreinigungen: Forscher haben ein chemisches Verfahren entwickelt, mit dem zukünftig auch Hormonrückstände und hormonähnlich wirkende Arzneimittel aus dem Trinkwasser entfernt werden könnten. Dafür nutzen sie starkes Licht, das auf eine speziell beschichtete Filtermembran gestrahlt wird. Dabei entstehen hoch reaktive Sauerstoffradikale, die die hormonähnlich wirkenden Schadstoffe im Wasser in unschädliche Oxidationsprodukte umwandeln.

Ob Arzneimittel, Pestizide, Chemikalien oder etwa Hormone – in unserem Abwasser finden sich viele potenziell gesundheitsschädliche Chemikalien. Werden sie nicht herausgereinigt und gelangen dadurch in Gewässer oder ins Trinkwasser, können sie schon in einer Konzentration im Nanobereich Folgen für Mensch, Tier und Umwelt haben. Das gilt vor allem für Geschlechtshormone wie Estradiol, Testosteron oder Progesteron. Die meisten gängigen Technologien zur Wasserreinigung und -aufbereitung schaffen es jedoch bisher kaum, Arzneistoffe und hormonell wirksame Verbindungen vollständig zu entfernen.

Licht als Helfer

„Die Herausforderung für die Wissenschaft ist, sensiblere Methoden zu entwickeln, um die Hormon-Moleküle anzugreifen“, erklärt Andrea Schäfer vom Karlsruher Institut für Technologie. Das Problem: Steroidhormone sind im Wasser mit bisher gängigen Methoden sehr schwer nachweisbar und kaum zu eliminieren – dennoch können sie schon in kleinsten Mengen biologische Wirkungen entfalten. „Auf eine Trillion Wassermoleküle kommt ein Hormonmolekül. Das ist eine extrem niedrige Konzentration“, so die Forscherin.

Deshalb hat ein Team um Schäfer und ihren Kollegen Roman Lyubimenko nach Methoden gesucht, mit denen sie solche Mikroschadstoffe nicht nur aufspüren und messen, sondern auch entfernen können. Dafür wählten sie ein photokatalytisches Verfahren, bei dem Licht als Reaktionsauslöser auf eine großporige Polymermembran gestrahlt wird. Diese beschichtete das Team mit Palladium-Porphyrin – einem Molekül, das sichtbares Licht absorbieren kann. „Entscheidend ist, dass wir die Oberfläche jeder einzelnen Pore mit dem Photosensibilisatormolekül beschichten und so die Angriffsfläche vergrößern“, erläutert Lyubimenko.

Estradiol zu 98 Prozent herausgefiltert

Die ersten Tests ergaben: Der chemische Abbau von Mikroschadstoffen bis zum Nanobereich funktioniert mit dem neuen Verfahren. Wenn das simulierte Sonnenlicht auf die beschichtete Membran trifft, löst es einen chemischen Prozess aus, bei dem sogenannter Singulett-Sauerstoff – eine hochreaktive Sauerstoff-Spezies – entsteht. Der Sauerstoff reagiert gezielt mit Hormonmolekülen im Wasser und wandelt sie in biologisch unschädlichere Oxidationsprodukte um.

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So konnten Lyubimenko und seine Kollegen zwischen 60 und 600 Liter Wasser pro Quadratmeter Membran in einer Stunde filtern. Die Konzentration von Estradiol, dem biologisch aktivsten Steroidhormon, senkten die Wissenschaftler dadurch von 100 auf zwei Nanogramm pro Liter – das entspricht einer Reduktion um 98 Prozent. „Damit kommen wir dem EU-Zielwert von einem Nanogramm pro Liter schon sehr nahe“, betont Schäfer. Aber auch bei Mischungen verschiedener Steroidhormone wirkte die photokatalytische Filterung.

Optimierung in Arbeit

„Diese Studie liefert neue Einblicke in solarbetriebene photokatalytische Wasseraufbereitungstechnologien zur effektiven Entfernung von Mikroverunreinigungen“, sagt das Team. Ihr Ziel ist es jetzt, den photokatalytischen Prozess weiter zu optimieren und in einen größeren Maßstab zu übertragen.

Dabei muss unter anderem noch geklärt werden, welche Lichtintensität und wieviel Porphyrin das Verfahren benötigt und ob das kostspielige Palladium aus der Gruppe der Platinmetalle durch andere Metalle ersetzt werden kann. (Applied Catalysis B: Environmental, 2021, doi: 10.1016/j.apcatb.2021.120097)

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie

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