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Physik

Neue Form des Chaos nachgewiesen

Laser-Experiment demonstriert erstmals Plateauabfolge des "laminaren Chaos"

laminares CHaos
Statt der typischen hochfrequenten Oszillationen der Laserlicht-Intensität (oben) haben Physiker nun eine neue Form des Chaos erzeugt – das durch Plateaus gekennzeichnete laminare Chaos. © Radons et al. /Universität Chemnitz

Chaos neuen Typs: Physiker haben erstmals eine neue Form des Chaos im Experiment nachgewiesen. Dabei handelt es sich um über chaotische Schwingungen verbundene Plateaus in Laserlicht, die durch spezielle Formen der zeitversetzten Rückkopplung auftreten. Das Interessante daran: Dieses laminare Chaos ist relativ robust gegenüber Störungen und könnte daher in der Kommunikationstechnik, Kryptographie und Datenverarbeitung genutzt werden.

Im Alltag benutzen wir den Begriff Chaos meist, um unberechenbare, unregelmäßige und wirre Strukturen oder Abläufe zu beschreiben. In der Physik jedoch spricht man dann von einem Chaos oder chaotischen System, wenn dieses zwar klaren Gesetzen folgt, aber schon durch kleinste Störungen oder Einflüsse in ein ganz anderes Verhalten wechseln kann. Diese Sensibilität macht solche Systeme unberechenbar – ein klassisches Beispiel dafür ist der berühmte Flügelschlag eines Schmetterlings, der weit entfernt einen Sturm auslösen kann.

Chaos-Experiment
Optoelektronischer Versuchsaufbau zum Chaos-Experiment (oben) und schematischer Versuchsaufbau mit Laserdiode, Mach-Zehnder-Modulator, Photoreceiver und FPGA. © Rajarshi Roy/ David Müller-Bender, Andreas Otto und Günter Radons

Plateaus statt hochfrequenter Oszillationen

Solche chaotischen Zustände treten auch bei Laserlicht mit zeitverzögerter Rückkopplung des Ausgangssignals auf. Sie manifestieren sich in hochfrequenten, chaotischen Oszillationen des Laserlichts – das ist seit 40 Jahren bekannt. Doch wie Forscher der Universität Chemnitz um Günter Radons bereits im letzten Jahr theoretisch postulierten, kann schon eine kleine Modifikation dieses Experiments eine ganz neue, zuvor unbekannte Form des Chaos verursachen.

Dieses sogenannte „laminare Chaos“ äußerst sich nicht in hochfrequenten Oszillationen, sondern in einer Reihe von aufeinanderfolgenden Plateaus der Laserintensität. Diese Plateaus sind zwar in ihrer Abfolge periodisch, aber die Intensität beim Übergang von einem Plateau zum anderen variiert chaotisch, wie Physiker erklären. Bisher war allerdings offen, ob sich dieses theoretisch vorhergesagte Verhalten auch experimentell realisieren lässt.

Im Laser-Experiment bestätigt

Das haben nun Radons und sein Team gemeinsam mit Forschern um Joseph Hart von der University of Maryland erstmals praktisch bewiesen. Für ihr Experiment erzeugten die Forscher mithilfe eines speziellen Schaltkreises eine periodische Variation der zeitverzögerten Rückkopplung im Lasersystem. Dies führte dazu, dass wie erhofft die charakteristischen Plateaus des laminaren Chaos auftraten, wie die Physiker berichten.

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„Unsere Ergebnisse belegen, dass das laminare Chaos in Systemen höherer Ordnung beobachtet werden kann“, konstatieren Hart und seine Kollegen. „Es steht in starkem Kontrast zu dem typischerweise beobachteten höherdimensionalen turbulenten Chaos, das durch starke Fluktuationen gekennzeichnet ist.“ Die Experimente ergaben zudem, dass das laminare Chaos im Gegensatz zur turbulenten Form deutlich robuster gegenüber Störungen ist.

Mehrere Anwendungen denkbar

Damit haben die Physiker diese neue Form des Chaos bestätigt. Das laminare Chaos könnte sogar praktisch nutzbar sein – unter anderem in modernen Informationentechnologien, wie Radons und sein Team erklären. Denn mit ihrer variierbaren Plateauhöhe und der Robustheit gegenüber Störungen könnte sich diese Signalform beispielsweise zur Datenübertragung eignen. Die schlechte Vorhersagbarkeit chaotischer Dynamik ließe sich dabei nutzen, um eine abhörsichere optische Kommunikation zu bewerkstelligen.

Weitere Anwendungen könnte das laminare Chaos im sogenannten Reservoir-Computing haben. Dabei handelt es sich um ein System des maschinellen Lernens, bei dem Netzwerke in ihrer Kopplung und Struktur dynamisch auf den Input reagieren. Solche Systeme könnten künftig die Lernfähigkeit und „Intelligenz“ von Computersystemen und neuronalen Netzwerken verbessern. (Physical Review Letters, 2019; doi: 10.1103/PhysRevLett.123.154101)

Quelle: Technische Universität Chemnitz

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