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Evolution

Neandertaler: Rote Haare und Sommersprossen

Genetische Studien liefern neue Erkenntnisse über Aussehen des eiszeitlichen Vetters

Rothaariger Neandertaler und moderner Mensch Auge in Auge (ursprüngliche Neandertaler-Rekonstruktion: Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim) © Knut Finstermeier, MPI für evolutionäre Anthropologie

Fossile Überreste des Neandertalers liefern nur ein unvollständiges Bild. Aussagen über die geistigen Fähigkeiten oder Details über ihr Äußeres lassen sich daraus nicht ableiten. Genetische Studien haben nun jedoch gezeigt, dass mindestens ein Prozent der Neandertaler in Europa möglicherweise rote Haare und eine hellere Haut hatte.

Die Forscher um Carles Lalueza-Fox von der Universität Barcelona, Holger Römpler von der Universität Leipzig und Michael Hofreiter vom Leipziger Max-Planck-Institut berichten über ihre Ergebnisse in der online-Ausgabe von Science.

Welche Haarfarben sind in diesem Jahr in, fragte unlängst ein Modemagazin und wähnte neuerdings außergewöhnlich viele rothaarige Frauen und Männer auf den Straßen. Spätestens nach „Germany’s next Topmodel“-Barbara, so das Magazin, sei klar: Rot ist das neue Blond.

Rot ist „in“

Dabei haben eigentlich nur zwei Prozent der Weltbevölkerung – und auch der Deutschen – naturrote Haare – und zwar aufgrund einer Mutation in dem Gen mc1r. Die daraus resultierende Veränderung des entsprechenden Proteins führt dazu, dass die Betroffenen Phäomelanin anstatt des dunklen Melanins in Haut, Haaren und Augen tragen. Dadurch haben sie auch eine wesentlich empfindlichere helle Haut und häufig viele Sommersprossen.

Nun haben Forscher vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Zusammenarbeit mit ihren Kollegen von den Universitäten Barcelona und Leipzig herausgefunden, dass möglicherweise auch ein Prozent der Neandertaler in Europa rote Haare besaß – und die waren mit Sicherheit nicht gefärbt. Denn die Forscher kamen der Haarfarbe der Neandertaler mittels Genanalyse auf die Spur: Sie versuchten zunächst, ein Stück des mc1r-Gens aus einem Neandertaler-DNA-Extrakt zu vervielfachen. Dabei fanden sie eine Variante, die beim modernen Menschen bisher nicht beobachtet wurde.

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Keine Verunreinigung im Erbgut

Auf der Basis aufwändiger Tests konnten die Molekularbiologen ausschließen, dass diese Variante eine Verunreinigung der experimentellen Proben mit moderner menschlicher DNA darstellt oder möglicherweise ein zufälliges Ergebnis aufgrund von DNA-Schäden oder PCR-Fehlern ist (die PCR = Polymerase Chain Reaction ist ein Verfahren zur Vervielfältigung von DNA). Funktionelle Tests zeigten dann, dass die Aktivität dieser Variante im Vergleich zu der normalen menschlichen Variante deutlich reduziert ist.

„Genvarianten mit einer ähnlich verringerten Aktivität sind auch beim modernen Menschen bekannt – allerdings aufgrund anderer Mutationen“, sagt Hofreiter. „Diese führen beim Menschen zu roter Haarfarbe. Wir können deshalb annehmen, dass auch ein Teil der Neandertaler möglicherweise rote oder hellere Haare und eventuell auch hellere Haut hatten“, so der Paläoanthropologe.

Ob rote Haare auch bei Neandertalern als besonders erotisch galten oder eher verabscheut wurden, können die Forscher natürlich nicht sagen.

(idw – MPG, 29.10.2007 – DLO)

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