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Raumfahrt

NASA startet GPS für Raumsonden

Atomuhr für die Navigation im fernen All startet zur Testmission in den Erdorbit

Deep Space Atomuhr
Eine neuartige Atomuhr soll künftig die Navigation von Raumsonden im All erheblich vereinfachen. © NASA/ General Atomics Electromagnetic Systems

GPS für Mond und Mars: Künftig könnten Raumsonden mithilfe eines eigenen GPS-Moduls navigieren – und dies sogar im fernen Weltall. Möglich wird dies durch eine neuartige Atomuhr, die klein, robust und trotzdem 50 Mal genauer ist als die Atomuhren der GPS-Satelliten im Erdorbit. Die auf Quecksilber-Ionen basierende Deep Space Atomuhr der NASA wird heute zu einem einjährigen Test in die Erdumlaufbahn gebracht. Bewährt sie sich dort, soll sie auf künftigen Raumsonden eingesetzt werden.

Atomuhren sind Taktgeber für die Weltzeit, Messhilfen in der Forschung und sie dienen als Basis des weltumspannenden GPS-Systems. Um seine Position zu bestimmen, vergleicht der GPS-Empfänger die Laufzeit, die die Signale der GPS-Satelliten zu seinem Standort benötigen. Das aber funktioniert nur dann präzise, wenn die Satelliten die Zeit exakt messen. Dafür haben sie Atomuhren an Bord, die bis auf 60 Nanosekunden genau gehen. Dennoch müssen sie zweimal am Tag durch Signale vom Boden aus nachgeeicht werden.

Was Uhren mit der Navigation zu tun haben

Doch so praktisch dieses System auf der Erde ist – außerhalb des Erdorbits funktioniert das GPS nicht. Raumsonden, die zum Mond, zum Mars oder weiter ins Sonnensystem hinausfliegen, sind daher für ihre Navigation auf Funksignale von der Erde angewiesen. Dafür senden die Antennen des Deep Space Network ein Signal zur Raumsonde, die es zur Erde zurückschickt. Aus der Zeit, die dieser Austausch benötigt, ermittelt die Bodenstation dann die Entfernung und Position der Sonde.

„Das ist das gleiche Prinzip wie bei einem Echo“, erklärt Jill Seubert von der NASA. Das Problem jedoch: Je weiter eine Raumsonde von der Erde entfernt ist, desto länger dauert dieser Signalaustauch – und das kann in kritischen Missionsphasen zu fatalen Verzögerungen führen. Bisher aber gab es kein Gerät und keine Atomuhr, die klein und robust genug war, um auch an Bord einer Raumsonde ohne ständiges Eichen genau genug zu laufen.

„Eine solche Uhr an Bord würde die eigenständige Navigation erlauben und damit Astronauten einen präziseren und sicheren Weg der Positionsbestimmung eröffnen“, sagt Projektleiter Todd Ely von der NASA.

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Ultrakalte Quecksilber-Ionen als Taktgeber

Eine solche Atomuhr für Raumsonden hat nun die NASA entwickelt. Die Uhr ist nur so groß wie ein Toaster, aber robust und genau genug, um als GPS-Modul für Raumsonden zu dienen. Nach Angaben der NASA geht die neue „Deep Space Atomic Clock“ in vier Tagen nur ein Nanosekunde vor oder nach – das ist 50-Mal genauer als die herkömmlichen GPS-Atomuhren. Hochgerechnet dauert es demnach rund zehn Millionen Jahre, bis sie eine ganze Sekunde falsch geht.

Herzstück der neuen Atomuhr sind stark heruntergekühlte Quecksilber-Ionen, die in einer elektromagnetischen Falle in der Schwebe gehalten werden. Ähnlich wie in anderen Atomuhren dient ein Übergang im Energiezustand der Elektronen dieser Teilchen als Zeitgeber: Die Schwingungsfrequenz, bei der eine von außen angelegte Strahlung die Ionen zum Wechsel ihres Zustands bringt, bildet die Grundeinheit der Zeitmessung.

So funktioniert die Navigation mithilfe der neuen Deep Space Atomuhr.© NASA/ JPL

Ein Jahr Testphase im Orbit

Allerdings gibt es einen Haken: Typischerweise sind solche Atomuhren extrem empfindlich gegenüber Erschütterungen, Temperaturschwankungen und anderen Störeinflüssen. „Die Technologie vom Labor auf die sehr wechselhaften Raketen- und Weltraumumgebungen zu übertragen, war daher für das Design der Deep Space Atomuhr eine echte Herausforderung“, sagt Ely. Eine spezielle Abschirmung mittels Magnetfeldern und Isolationsschichten sorgt dafür, dass die Atomuhr den hohen G-Kräften beim Start ebenso standhalten kann wie den starken Temperaturschwankungen im All.

Ob die Atomuhr ihre Aufgabe erfüllen kann, wird sich im Laufe des nächsten Jahres zeigen. Denn ein erstes Testgerät wird am 24. Juni 2019 mit einer Falcon-9-Heavy-Trägerrakette in den Erdorbit gebracht. Dort wird sie eine ganze Reihe von Tests absolvieren und beweisen müssen, dass sie tatsächlich so genau geht wie erhofft. „Wir werden die nächsten Monate damit verbringen, die Leistung der Deep Space Atomuhr auf allen Zeitskalen zu evaluieren – von Sekunden zu Tagen“, erklärt Ely.

GPS für Mond und Mars

Wenn diese Tests erfolgreich sind, könnte sich für die Raumfahrt eine ganz neue Ära der Navigation eröffnen. „Die Deep Space Atomuhr wird dann eine autonome Bordnavigation ermöglichen – auch auf anderen Planeten“, sagt Seubert. So könnte beispielsweise Sonden im Marsorbit mit solchen Deep-Space-GPS-Modulen ausgerüstet werden und so ein GPS-System für den Mars aufbauen. Auch für die geplanten Missionen zum Mond und den Aufbau von Mondstationen wäre ein solches System hilfreich.

Quelle: NASA

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