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Nanotechnologie

Nanostrukturen erstmals in 3D

Erstes dreidimensionales Elektronenmikroskop zur Strukturuntersuchung von Nanomaterialien entwickelt

Die Abbildung zeigt die 3D-Gradienten der kristallographischen Orientierung in einem intermetallischen Eisen-Aluminium-Kristall (Gitterkrümmung) in der unmittelbaren Umgebung einer sehr harten Laves-Phase (als transparentes Netz dargestellt). Die Farbabstufungen beschreiben jeweils eine Zunahme der Orientierungsänderungen zum Bezugspunkt an der Grenzfläche zwischen Matrix und Laves-Phase in Schritten von zwei Grad. © Max- Planck- Institut für Eisenforschung

Eine neue mikroskopische 3D-Technik erlaubt jetzt direkte dreidimensionale Einblicke in die Mikrostruktur von Nanomaterialien, biologischen Werkstoffen oder auch von höchstfesten Stählen. Das weltweit erste Elektronenmikroskop, mit dem man gleichzeitig und automatisiert den Phasengehalt, die Textur und die Grenzflächen von Materialien in drei Dimensionen untersuchen kann, wurde jetzt am Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf in Betrieb genommen.

Für die Materialwissenschaften ist die Möglichkeit, Mikrostrukturen dreidimensional untersuchen zu können, von großer Bedeutung. Dazu gibt es heute zwei Herangehensweisen: Zum einen untersucht man Materialien mit Hilfe von Röntgen-, Elektronen- oder Neutronen-Strahlung. Diese Methoden sind nicht-destruktiv und aus den gewonnenen Bildern kann man die dreidimensionale Struktur rekonstruieren. Von Nachteil ist, dass diese Methoden zu wenig Informationen, speziell bei kristallinen Materialien liefern und zeitaufwändig sind. Darüber hinaus sind sie in der Ortsauflösung gegenwärtig um etwa zwei Größenordnungen schlechter als das hier vorgestellt elektronenmikroskopische 3D-Verfahren (ca. 40 Kubik-Nanometer). Der zweite Ansatz besteht darin, das Material scheibchenweise aufzunehmen und die gewonnenen Informationen dann in drei Dimensionen tomographisch zu rekonstruieren.

Kombination zweier Herangehensweisen

Das dreidimensionale Messprinzip des neuen Mikroskops besteht darin, dass man mit dem Elektronenmikroskop zunächst eine zweidimensionale Abbildung mit der gewünschten kristallographischen oder chemischen Methode durchführt und anschließend mit dem Ionenstrahl eine Scheibe des Materials mit nanoskopischer Präzision abschneidet, so dass nun die darunter liegende Schicht analysiert werden kann. Auf diese Weise kann man Scheibe für Scheibe analysieren und abtragen, so dass am Ende ein digitales dreidimensionales Bild entsteht.

Das komplett in situ arbeitende Mikroskop arbeitet voll automatisch, so dass relativ große Regionen in einem Festkörper, beispielsweise 70 x 70 x 70 Mikrometer, untersucht werden können. Die Kombination eines automatisierten Materialabtrags mit einem hochauflösenden Mikroskop liefert ein Spektrum an kristallographischen Informationen, das die Möglichkeiten der meisten anderen Mikroskopietechniken weit übertrifft. Dazu gehört die genaue Form von eingelagerten Kristallen, Position und kristallographische Eigenschaften interner Grenzflächen, die Defektdichte in Körnern und die Textur bei sehr kleinen Abmessungen. All diese Eigenschaften können mit einer Auflösung von etwa 40 Kubik-Nanometern und materialabhängig auch weniger gemessen werden.

Legierungen für Turbinen als Testobjekt

Konkret untersuchten die Max-Planck-Forscher um Prof. Dierk Raabe und Dr. Stefan Zaefferer Fe3Al-basierte stahlverwandte intermetallische Legierungen mit dem neuen Mikroskop. Diese zeichnen sich einerseits aus durch ihre hohe Oxidations- und Sulfidationsresistenz bei hohen Temperaturen, sind aber andererseits noch nicht ausreichend hart und homogen. Man versucht deshalb, diese Werkstoffe durch Einlagerung winziger Partikel und Hinzufügen von Chrom zu veredeln und für technische Einsätze tauglich zu machen.

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Der Einsatz dieser Werkstoffe zielt auf das Design neuer Hochtemperaturgasturbinen in konventionellen Kraftwerken ab, die durch diesen Werkstoff bei wesentlich höheren Wirkungsgraden als bisher arbeiten und somit die Energiekosten senken könnten. Der Betrieb von Kraftwerken würde dadurch gleichzeitig wesentlich ökologischer und verlustärmer gestaltet als bisher.

An Hand dieser sehr aktuellen Fragestellung aus dem Bereich der Energieversorgung haben Raabe und seine Mitarbeiter nun mit dem neuen Instrument untersucht, welchen Effekt die eingelagerten Partikel auf die Mikrostruktur und makroskopischen Eigenschaften dieser stahlverwandten Legierungen haben. Besonders interessiert waren die Forscher an der Frage, wie die winzigen Einschlüsse in ihrer Umgebung die Ausrichtung des Kristallgitters der Legierung beeinflussen.

In den warmumgeformten Proben konnten sie beobachten, wie sich die weicheren Kristallorientierungen der Matrixlegierung um die harten Einlagerungen ausbildete. Die Orientierung der Kristallstrukturen um die Einlagerung nahm dabei ein spezifisches Muster an, welches sich dadurch auszeichnet, dass sich systematische Orientierungsgradienten in mehreren aufeinanderfolgenden Lagen mit zunehmendem Orientierungsabstand von der Grenzfläche zu der harten Einlagerung aufbauen. Durch diese starken kristallographischen Gradienten können in der weiteren Folge neue Kristallkeime entstehen, die das Material homogenisieren und die mechanischen Eigenschaften im Hinblick auf einen Hochtemperatureinsatz in modernen Kraftwerken verbessern.

(MPG, 22.02.2006 – NPO)

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