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Physik

Nanokette als Supermagnet

Physikern gelingt die gezielte Umpolung einer Kette aus drei Eisenatomen

Kette aus drei Eisenatomen © Yan et al. / Nature

Der stärkste Dauermagnet der Welt – so klein wie ein Atom: Diese rekordverdächtige Kombination hat ein deutsches Forscherteam mit einem raffinierten Nano-Experiment erzeugt. Sie schufen eine Kette aus drei Eisenatomen, deren Magnetfeld mit einer Mikroskopspitze gezielt umgepolt werden kann. Diese Kontrollmöglichkeit könnte die Entwicklung des Quantencomputers beflügeln und alternative Konzepte für künftige Speichermedien erschließen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Nanotechnology“ berichten.

Atomare Magnete gelten als die Speichermedien der Zukunft und als mögliche Grundeinheit für einen Quantencomputer. Schon länger experimentieren Forscher daher mit einzelnen Atomen oder Atomgruppen, deren Spin sich als Null oder Eins auslesen lassen. Shichao Yan vom Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie in Hamburg und seine Kollegen haben nun eine Methode entwickelt, mit der sich ein atomarer Magnet aus drei Eisenatomen gezielt umpolen und kontrollieren lässt.

Nanokette umgepolt

Für ihr Experiment erzeugten die Physiker zunächst den Nanomagneten: Auf einer glatten Kupferoberfläche verbanden sie mit der feinen Spitze eines Rastertunnelmikroskops drei Eisenatome zu einer kurzen Kette. Als nächstes pickten sie mit ihrem Mikroskop weiteres Eisen auf – mit dem Effekt, dass ein paar Eisenatome an der Spitze haften blieben und sie dadurch magnetisch machten. Dann manövrierten die Forscher die Spitze sehr dicht und mit hoher Präzision über die Eisenkette.

Da sich mit dem Mikroskop extrem schnelle Prozesse messen lassen, konnte das Team analysieren, was sich innerhalb von Nanosekunden in der Eisenkette abspielte. Das überraschende Ergebnis: „Abhängig von der Position der Mikroskopspitze konnten wir das Magnetfeld der Eisenkette kurzzeitig umpolen“, beschreibt Seniorautor Sebastian Loth vom MPI für Struktur und Dynamik der Materie. „Wir waren verblüfft, wie gut das funktioniert.“

Shichao Yan mit einem STEM-Bild der Kette aus 3 Eisenatomen. © MPSD/ J.M. Harms

Stärker als jeder Dauermagnet

Die Erklärung: Aufgrund eines Quanteneffekts baut sich zwischen Mikroskopspitze und Eisenkette ein Magnetfeld mit besonderen Eigenschaften auf. „Einerseits ist es äußerst stark, andererseits räumlich sehr begrenzt“, berichtet Yan. Die Stärke erreicht einen Wert von einigen Tesla, mehr als der beste Dauermagnet.

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Die Ausdehnung des Feldes beschränkt sich jedoch auf den Bereich eines Atomdurchmessers. „Durch diese räumliche Begrenzung können wir winzigste Nanostrukturen gezielt ansteuern“, erläutert Loth. „Ein einzelnes Atomgrüppchen lässt sich umpolen, seine Nachbarschaft bleibt dagegen völlig unbeeinflusst.“

Nutzbar für Quantencomputer und Speicher

Das macht den neuen Effekt für zwei Einsatzfelder interessant. So könnte er sich als Kontrollprozess für Quantenbits eignen – der Schalteinheit eines Quantencomputers. „Hier könnte der neue Effekt für Fortschritte sorgen“, sagt Loth. „Mit seiner Hilfe könnte man einzelne magnetische Quantenbits gezielt kontrollieren.“ Die dreiatomige Eisenkette zeigt bereits einige Eigenschaften eines Quantenbits. Nun denken die Forscher darüber nach, wie sich diese Eigenschaften weiter ausbauen lassen.

Doch auch für die Datenspeicherung könnte das Phänomen relevant sein. Denn je mehr Magnetbits man pro Fläche beschreiben und auslesen kann, umso höher ist die Speicherkapazität eines Mediums. „Mit unserem Verfahren lassen sich extrem kleine Nanostrukturen magnetisch ansteuern“, sagt Yan. „Rein theoretisch wäre es damit möglich, die Speicherdichte um einige Größenordnungen zu steigern.“

Dafür allerdings würden die dreiatomige Eisenketten, mit denen die Forscher bislang experimentierten, nicht taugen: Sie lassen sich zwar effizient umpolen, verlieren ihre Information aber innerhalb von Mikrosekunden wieder. Deshalb wollen die Forscher den neuen Effekt nun an Nanostrukturen anwenden, die das Zeug zu stabilen Magnetbits haben. (Nature Nanotechnology, 2014; doi: 10.1038/nnano.2014.281)

(Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie, 16.12.2014 – NP)

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