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Nanotechnologie

Nano-Domino mit Molekülen

Wie ein kippendes Molekül der Nanotechnologie hilft

Nano-Domino
Ein molekularer Dominostein kippt um – das verrät Physikern eine Menge darüber, wie stabil künftige Nanobauteile sein müssen. © Forschungszentrum Jülich / Christian Wagner

Vor drei Jahren gelang es Physikern erstmals, einen Nano-Dominostein kontrolliert aufzustellen – ein flaches Molekül stand hochkant auf einer Silberfläche. Jetzt haben sie es nach monatelangem Experimentieren wieder umgeworfen. Was eher nach einem Spiel als nach relevanter Forschung klingt, erfüllt einen wichtigen Zweck: Weil aufgerichtete Moleküle wichtige Bauteile von Nanomaschinen und Sensoren sein könnten, muss ihre Stabilität bekannt sein – und auch, welche Kräfte diese beeinflussen.

Ob molekulare Maschine, Nano-Roboter oder Quantenbauteil: In der Nanotechnologie ist es das Ziel, winzige Sensoren, Maschinen und andere Bauteile aus einzelnen Molekülen oder atomaren Bausteinen zu konstruieren – sei es per Selbstorganisation oder mithilfe von programmierbaren Nano-Assemblern. Meist dient dabei ein Substrat als Untergrund für dieses Nano-Lego.

Wie stabil sind dreidimensionale Nano-Bauteile?

Das Problem jedoch: Die molekularen Bauteile können ihre ganze Funktionalität oft nur dann zeigen, wenn sie nicht flach auf dieser Oberfläche aufliegen, sondern aufgerichtet und nur schwach an ihre Unterlage gekoppelt sind. Im Jahr 2018 gelang es Forschern erstmals, ein Dominostein-förmiges organisches Molekül unter ultrakalten Bedingungen kontrolliert auf einer Silberoberfläche zu platzieren und es dann aufzurichten, so dass es hochkant stand.

Möchte man jedoch solche „Dominosteine“ zu größeren Konstruktionen verbinden oder sie praktisch einsetzen, müssen sie halbwegs stabil in dieser Position bleiben: „Jenseits des Flachlands der Oberfläche wartet ein enormer Reichtum an Strukturen und Funktionalitäten, aber für sie ist die Stabilität entscheidend“, erklären Marvin Knol vom Forschungszentrum Jülich und seine Kollegen.

Nano-Domino 2
Im Rastertunnelmikroskop lässt sich erkennen, ob der Nano-Dominostein liegt oder steht. © Knol et al./ Science Advances, CC-by-sa 4.0

Durch Wärme zum Kippen gebracht

Deshalb hat das Team nun das Dominostein-Molekül einem Stresstest unterzogen und untersucht, wann es wieder umkippt und warum. „In unserem Fall haben wir die Temperatur schrittweise erhöht und damit das Molekül mehr und mehr durchgeschüttelt, bis es schließlich umgefallen ist“, erklärt Seniorautor Christian Wagner vom FZ Jülich. Die Erhöhung der Temperatur führt dem Molekül und seiner Unterlage Energie zu und dies führt zu immer stärkere werdenden Schwingungen.

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Mit einem Rastertunnelmikroskop konnte das Team beobachten, wann der kritische Punkt erreicht war. Das Ergebnis: Schon eine Erwärmung um rund zehn Grad – von fünf auf rund 14 Kelvin – reichte aus, um den Nano-Dominostein umfallen zu lassen. Das bestätige, dass das Molekül nur sehr schwach an die Oberfläche gekoppelt sei, berichten die Forscher.

Zwei widerstreitende Kräfte

Noch viel wichtiger jedoch: Die Physiker konnten auch ermitteln, welche Kräfte für die Stabilität des Domino-Moleküls entscheidend sind. Demnach beruht seine prekäre Balance auf der Wechselwirkung zweier einander entgegenwirkender Effekte – den auf kurze Entfernung wirkenden kovalenten Bindungen zwischen den Atomen sowie der Van-der-Waals-Kraft, die zusätzlich zwischen Nanodomino und Substrat wirkt. Letztere strebt danach, das Molekül wieder flach auf die Oberfläche zu ziehen.

„Das Gleichgewicht der Interaktionen , die das Molekül vor dem Umkippen bewahren, ist extrem subtil und eine echte Herausforderung für unsere Methoden der quantenchemischen Simulation“, erklärt Koautor Reinhard Maurer von der University of Warwick. „Das Projekt hat uns nicht nur enthüllt, welche fundamentalen Mechanismen solche ungewöhnlichen Nanostrukturen stabilisieren, es hilft uns auch, unsere Methoden zu verfeinern.“

Hilfreich für künftige Nanokonstrukte

Nach Ansicht des Forschungsteams stellen die gewonnenen Einblicke eine wichtigen Schritt hin zu einer molekularen Fertigung in drei Dimensionen dar. Denn aufbauend auf den neuen Erkenntnissen können nun gezielt stabilere Molekülkonstrukte entwickelt werden, die auch bei nicht ganz so tiefen Temperaturen aufrecht stehen bleiben. (Science Advances, 2021; doi: 10.1126/sciadv.abj9751)

Quelle: University of Warwick, Forschungszentrum Jülich

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