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Nanotechnologie

Molekül baut sich selbst zusammen

"Bonnane" als Grundbaustein ultrakleiner Maschinen

Dr. Frauke Schelhase und Professor Dr. Fritz Vögtle mit dem Bonnan-Modell. © Frank Luerweg / Uni Bonn

Eine Achse, auf der zwei miteinander verbundene Reifen sitzen, dazu an jedem Ende ein Stopper, der verhindert, dass die Reifen herunterfallen: So sieht ein Molekül aus, das sich selbst zusammen baut und künftig als Grundbaustein für ultrakleine Motoren dienen könnte. Chemiker der Universität Bonn haben es in achtjähriger Arbeit synthetisiert.

Ihr Werk dürfte Bonn in Chemikerkreisen weltweit noch bekannter machen: Die Schöpfer haben die neue Molekülklasse auf den Namen "Bonnane" getauft – nach dem Ort, wo sie das Licht der Welt erblickte.

Wer wissen möchte, wie so ein Bonnan aussieht, dem kann Fritz Vögtle helfen: Im Büro des emeritierten Chemie-Professors steht ein Modell des Moleküls. Rund 40 Zentimeter ist es lang – 100 Millionen Mal so groß wie in Wirklichkeit. Würde man eine Erbse um denselben Faktor aufblasen, hätte sie einen Durchmesser von 500 Kilometern. Mit einem Spezialmikroskop kann man die Einzelteile des Moleküls aber tatsächlich sichtbar machen. "Sehen Sie – das sind die 'Reifen', die wir über die Achse gefädelt haben", sagt Vögtle und deutet auf die Aufnahme vor sich. "Es ist schon faszinierend, einmal wirklich sehen zu können, was wir synthetisiert haben."

Acht Jahre hat seine Arbeitsgruppe in Entwicklung einer Synthese-Strategie gesteckt – ein internationaler Kraftakt, an dem beispielsweise auch Arbeitsgruppen aus Japan und Humboldt- Stipendiaten aus China, Iran und der Ukraine beteiligt waren. Resultat ist eine Art "Kochrezept": Wer sich daran hält, kann das Bonnan in einer Reihe von Schritten nachbauen. "In diesem Rezept steckt ziemlich viel Arbeit", betont Vögtles Mitarbeiterin Frauke Schelhase.

"Beispielsweise mussten wir 'Reifen' konstruieren, die gewissermaßen von selbst auf die Achse gleiten."

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Supramolekulare Wechselwirkungen

Denn das Molekül baut sich aus verschiedenen Einzelteilen selbst zusammen. Triebfeder dafür sind die so genannten "supramolekularen Wechselwirkungen" – im Prinzip nichts anderes als schwache Anziehungs- oder Abstoßungskräfte zwischen den Bauteilen, die dafür sorgen, dass sie sich – wie von einer Schablone ausgerichtet – richtig zueinander orientieren. "Die Natur arbeitet ähnlich", sagt Schelhase. "Auch dort lagern sich Moleküle selbsttätig zu komplexen Verbindungen zusammen."

In Bonn beschäftigt sich seit Jahren ein Sonderforschungsbereich "Chemische Schablonen" mit dem Verständnis der Mechanismen, die dahinter stecken. Nur mit dieser Unterstützung waren die Ergebnisse möglich.

In dem Bonnan sitzen zwei Reifen nebeneinander auf einer Achse. Eine Querstrebe zwischen ihnen sorgt dafür, dass sie sich synchron zueinander bewegen. Vor allem diese Querstrebe erforderte die ganze Kunst der Chemiker: Schließlich sollte sie später genau an der richtigen Stelle sitzen.

Auf dem Weg zum molekularen Motor

Dank ihr lassen sich nun jedoch sogar so komplizierte Gebilde wie "molekulare Kupplungen" bauen: "Wenn wir eine kleinere Molekülscheibe auf die Achse fädeln und sie zwischen den beiden Reifen einklemmen, wird sie sich wie eine Kupplungsscheibe mitdrehen", erklärt Vögtle. "In spätestens zehn Jahren gibt es den synthetischen molekularen Motor", ist er überzeugt. "Das ist keine Vision mehr, sondern hoch aktuelle Forschung." Die Natur hat es schon vorgemacht: Dort gibt es schon biologische Motoren, die etwa die rotierenden Geißeln der Bakterien antreiben.

Weiter entwickelte Bonnane könnten so zu wichtigen Bauteilen künftiger Nanomaschinen werden. Mit dem Namen setzten die Chemiker ihrer Heimatstadt ein Denkmal. Eine ähnliche Ehre wurde bislang nur zwei weiteren Städten zuteil: Dem australischen Sydney ("Sydnon") und der bayerischen Landeshauptstadt ("Münchnon").

(idw – Universität Bonn, 02.01.2007 – DLO)

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