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Technik

Moderne Stradivaris maßgeschneidert

Hightech-Corpus schafft Violine nach Maß

Der indische Solist Farhad Billimoria spielt auf einer Hightech-Geige © AiF

Für die Herstellung einer hochwertigen Geige benötigt ein erfahrener Instrumentenbauer rund 200 Stunden Handarbeit. Das bedeutet für den Kunden meist eine längere Wartezeit. Zudem "arbeitet" das Material Holz und macht es daher besonders schwierig, das Instrument so zu gestalten, dass es den genauen Wunschklang seines Käufers hervorbringt. Dank High-Tech könnte sich dies nun ändern.

Denn Forscher tüfteln an der Entwicklung eines Klangkörpers für Geigen aus einem Verbundmaterial auf Edelharzbasis. Der Vorteil: Im Gegensatz zum unberechenbaren Holz ist der neue Werkstoff verlässlich und kontrollierbar. Die gewünschten Klangeigenschaften können daher genau verwirklicht oder reproduziert werden. Gewicht und Abmessungen stimmen dabei mit traditionell gefertigten Geigen überein. Wenn der Corpus mit Holz laminiert wird, sieht die Geige auch wie jede andere aus. Ihr Klang jedoch ist einzigartig. Ziel ist es, jedem Geiger das passende Instrument auf den Leib zu schneidern – die Violine nach Maß.

Am Anfang steht die Vermessung

Der Psychoakustiker Friedrich Blutner beschäftigt sich in seinem Unternehmen Sy-notec seit vielen Jahren mit Sound Design und entwirft optimale Geräuschbilder für Autotüren und Kartoffelchips. Beim innovativen Geigencorpus geht es ihm nicht darum, eine Stradivari oder Guarneri genau zu vermessen und detailliert nachzubauen, sondern ein umfassendes Verständnis der klanglichen Zusammenhänge zu erreichen.

Unterstützt wurde er dabei vom Unternehmen Form CAD, das die Formeigenschaften der Geige mittels hoch entwickelter Software-Tools analysierte, die bisher im Automobilbau zum Einsatz kamen. Die Forschungen haben beispielsweise zur Entdeckung von selbstähnlichen Formmerkmalen der Geige geführt, die wie ein Fraktal in vielen Größen über 80-mal im Instrument vorkommen und Klang und Spielbarkeit des Instruments entscheidend beeinflussen.

Datenbank hilft bei Auswahl der Klangeigenschaften

Um fundierte Aussagen zu erzielen, wie traditionelle Geigen und ihre Weiterentwicklungen klingen, führt Blutner seit langem Hörtests mit Probanden durch. Mit ihrer Hilfe werden die Akzeptanz des Klangs überprüft und die neuen Modelle immer weiter verbessert. Langfristiges Ziel der Forschung ist die Schaffung einer Informationsplattform für den Geigenbau, die es ermöglicht, Tradition mit Hightech zu verbinden. Dies kann neue Möglichkeiten der Klanggestaltung bei Dynamik, Tragfähigkeit und Brillanz des Tons eröffnen.

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Zurzeit entsteht eine umfangreiche Wissensbank, die auf der Grundlage gesammelter Daten und subjektiver Bewertungen auch Schablonensätze für den Bau einer Wunschgeige aus Hightech-Komponenten ausgeben kann. Der Kunde wählt die gewünschten Klangmerkmale aus und der Computer errechnet, an welchen Stellen der Corpus eines Basismodells verändert werden muss. Voraussetzung für diese Berechnung ist jedoch eine genaue Datenerfassung der subjektiven Eindrücke aus den Hörtests und der messbaren akustischen Parameter möglichst vieler Referenzmodelle. Gegenwärtig besteht bereits eine enge Zusammenarbeit mit einer Reihe bedeutender Solisten und angesehener Konzerthäuser wie beispielsweise der Dresdner Semperoper.

(Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke", 08.03.2007 – NPO)

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