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Umwelt

Mehr Jungs durch radioaktive Strahlung

Ionisierende Strahlung führt zu einer Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses bei der Geburt

Radioaktivität stellt für Menschen eine Gefahr dar. Laut einer neuen Studie deutscher Forscher führt die Exposition gegenüber ionisierender Strahlung tatsächlich zu einer Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses bei der Geburt – demnach werden verhältnismäßig mehr männliche Säuglinge geboren.

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Die neue Studie von Hagen Scherb und Kristina Voigt vom Helmholtz Zentrum München zeigt, dass ionisierende Strahlung der Atombombentests vor dem Atomteststoppvertrag im Jahr 1963, des Reaktorunfalls in Tschernobyl und durch das Leben in der Nähe von Atomkraftwerken einen negativen Langzeiteffekt auf das Geschlechtsverhältnis hat, das als „Sex Odds“ bezeichnet wird.

Mutationsauslösende Eigenschaften

Ionisierende Strahlung aus nuklearen Prozessen ist bekannt für ihre mutationsauslösenden Eigenschaften und wirkt sich deshalb wahrscheinlich negativ auf die Fruchtbarkeit aus. Man nimmt an, dass Männer mehr Söhne und Frauen mehr Töchter zeugen, wenn sie ionisierender Strahlung ausgesetzt sind.

Scherb und Voigt untersuchten die Langzeiteffekte durch Strahlenbelastung in Bezug auf das Geschlechtsverhältnis, das Unterschiede bei scheinbar normalen sowie beeinträchtigten Schwangerschaften nach einer Belastung der Väter oder Mütter anzeigen kann. Die Forscher konzentrierten sich insbesondere auf die Geschlechts-Daten im Zusammenhang mit dem weltweiten Fallout in Westeuropa und den USA aufgrund der Atombombentests, dem Fallout aufgrund von Atomunfällen in ganz Europa, und die unter normalen Betriebsbedingungen aus Atomkraftwerken emittierte Radioaktivität in der Schweiz und Deutschland.

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Sprung beim Geschlechtsverhältnis

In allen drei Fällen zeigt ihre Analyse einen erheblichen Sprung beim Geschlechtsverhältnis: So ist die Zunahme männlicher gegenüber weiblichen Geburten in Europa und den USA im Zeitraum 1964-1975 laut den Forschern wahrscheinlich auf den weltweit verteilten Fallout aus Atombombentests vor dem Atomtestabkommen zurückzuführen, durch den zeitversetzt ein Großteil der Weltbevölkerung betroffen war.

Im Jahr 1987, ein Jahr nach dem Unfall von Tschernobyl, gab es in Europa einen signifikanten Sprung mit überproportional mehr männlichen Geburten. In den durch den Unfall weniger belasteten USA wurde dagegen kein vergleichbarer Effekt beobachtet.

Darüberhinaus sind Abweichungen im Geschlechtsverhältnis bei der Bevölkerung, die in einem Umkreis von 35 Kilometern von Atomkraftwerken lebt, in Deutschland und der Schweiz während der Laufzeiten ebenfalls deutlich häufiger.

Dosisabhängiger Langzeiteffekt

In der Gesamtbetrachtung zeigen diese Ergebnisse den Wissenschaftlern zufolge einen dosisabhängigen Langzeiteffekt radioaktiver Exposition auf das menschliche Geschlechtsverhältnis und sind ein Beweis für den Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Weniger klar ist nach Angaben der Forscher dagegen, ob diese Zunahme männlicher Neugeborener im Verhältnis zu weiblichen Neugeborenen das Ergebnis einer geringeren Häufigkeit weiblicher Geburten oder einer Zunahme männlicher Geburten ist.

Sie schätzen das Geburtendefizit und die Anzahl der Totgeburten und behinderten Kinder nach den weltweiten Freisetzungen ionisierender Strahlung jedoch auf mehrere Millionen Kinder weltweit.

Ionisierende Strahlung beeinträchtigt menschlichen Gen-Pool

Scherb und Voigt kommen zu dem Schluss: „Unsere Ergebnisse entkräften die etablierte und vorherrschende Meinung, dass erbgutschädigende Effekte ionisierender Strahlung bei Menschen erst noch nachgewiesen werden müssten. Wir haben deutliche Hinweise für die vermehrte Beeinträchtigung des menschlichen Gen-Pools durch künstliche ionisierende Strahlung gefunden.“

(Springer-Journal „Environmental Science and Pollution Research“, 27.05.2011 – DLO)

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