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Physik

Magnetfelder dirigieren Licht

Physiker tricksen Brechungsgesetz aus

Dünnfilm © Uni Augsburg

Trifft Licht auf Glasflächen, Linsen oder Prismen, so werden die einfallenden Strahlen zum Lot gebrochen, und zwar in Abhängigkeit des Materials, das sie durchdringen. Dieses Gesetz der positiven Brechung ermöglicht es, Lichtstrahlen mit optischen Geräten zu steuern oder zu fokussieren. Augsburger Physiker haben nun in einem neuartigen Material experimentell bewiesen, dass es auch eine negative Brechung gibt.

Das Phänomen ist seit knapp 40 Jahren bekannt: Dabei erfolgt die Ausbreitung der Lichtwelle, anders als bei der positiven Brechung, entgegen der Richtung der transportierten Energie. Was der russische Physiker Victor Veselago im Jahre 1967 theoretisch voraussagte, haben die Wissenschaftler vom Sonderforschungsbereich 484 der Universität Augsburg in einem Material aus Multilagen von ferromagnetischen und supraleitenden Dünnfilmen realisiert. Mit Hilfe der Dünnfilme, an die sie starke Magnetfelder anlegten, konnten sie zwischen positiver und negativer Brechung des Lichts umschalten.

Die Gesetze der klassischen Optik, wie die positive Brechung des Lichts, gehören zu den Grundlagen der fundamentalen Physik und basieren auf Materialien mit positiver Brechzahl, die Strahlung zum Lot hin brechen. Das Wissen um die Brechungsabhängigkeit des Lichtes von dem Material, das es durchdringt, ermöglichte Konstruktionen von Linsen und optischen Geräten, als universelle Hilfsmittel für viele Technologie- und Forschungsbereiche.

Als der russische Physiker Victor Veselago im Jahr 1967 in seinen theoretischen Überlegungen darauf hinwies, dass es auch das Phänomen der negativen Brechung geben muss, schenkte man ihm wenig Beachtung. Denn in der Natur sind keine Materialien bekannt, die einen negativen Brechungsindex besitzen. Bei negativer Brechung, so postulierte der Physiker, erfolgt die Ausbreitung der Lichtwelle entgegen gesetzt zur Richtung der transportierten Energie. Was Veselago vor knapp 40 Jahren theoretisch vorhergesagt hatte, ist heute bewiesen: Das Phänomen der negativen Brechung hat die Gesetze der klassischen Optik revolutioniert.

„Superlensing“ möglich

Mit negativer Brechung lässt sich zum Beispiel die Auflösungsgrenze optischer Geräte überwinden, eine Technik, die mit „Superlensing“ beschrieben wird. Mit dieser Technologie kann man Objekte abbilden, die winziger sind als eine Wellenlänge des Lichtes. Im sichtbaren Bereich entspricht das einigen hundert Nanometern (ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter).

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Erst vor kurzem wurde dieser Effekt der negativen Brechung in Metamaterialien und Photonischen Kristallen demonstriert. Metamaterialien sind eine neue Klasse von Materialien, die künstlich hergestellt werden, um optische Eigenschaften technologisch zu realisieren, die in der Natur so nicht vorkommen. Photonische Kristalle sind reguläre Anordnungen von Streuzentren (zwei- und dreidimensionale Streugitter, Nanostrukturen), mit denen bestimmte Eigenschaften des Lichts verändert werden können.

Brechungsgesetz mit supraleitenden Dünnfilmen überwunden

Den Augsburger Physikern Professor Alois Loidl und Andrei Pimenov vom Lehrstuhl für Experimentalphysik V ist es in Zusammenarbeit mit polnischen und US-amerikanischen Kollegen von der Polish Academy of Sciences, Warszawa und der Northern University of Illinois gelungen,, negative Brechung in einem weiteren System zu realisieren und zwar in Multilagen von ferromagnetischen und supraleitenden Dünnfilmen.

Diese mehrlagigen Dünnfilme wurden aus verschiedenen Materialien zusammengestellt und sind rund 300 Nanometer dick. In diesen Hybrid-Materialien sorgen die Multilagen des Hochtemperatursupraleiters YbaCuO, der bei 90 Grad Kelvin (ca. -180°C) seinen Widerstand verliert, für negative dielektrische Permittivität und die ferromagnetischen (La:Sr)MnO-Schichten aus denen die Dünnfilme zusammengesetzt sind, für negative magnetische Permeabilität. Nach theoretischen Modellen genau diejenigen Komponenten, die für das Zustandekommen negativer Brechungszahlen notwendig sind.

Negative Brechung in externen Magnetfeldern nachgewiesen

In Transmissions-Experimenten bewiesen die Physiker schließlich die Existenz negativer Brechung in externen Magnetfeldern. Dazu schickten sie Licht durch die Dünnfilmschichten und konnten so dieses ungewöhnliche optische Phänomen nachweisen.

Als interessanter Nebeneffekt gelang es den Wissenschaftlern mittels Magnetfeld zwischen positiver und negativer Brechung umzuschalten und so die Lichtwellen durch Veränderung des Magnetfeldes steuern. In den verwendeten Metamaterialien ist negative Brechung zunächst auf tiefe Temperaturen von etwa minus 200 Grad Celsius und hohe Magnetfelder von rund drei Tesla beschränkt und für Anwendungszwecke deshalb nicht sehr Erfolg versprechend (Zum Vergleich: Das Erdmagnetfeld ist rund 100 000 Mal schwächer als das in den Versuchen).

Die Forscher sehen aber einen konkreten Ausweg: Sie möchten nun die ferromagnetischen Schichten durch antiferromagnetische ersetzen. Damit könnte negative Brechung bereits ohne externe Magnetfelder, die einen zu hohen technologischen Aufwand erfordern, realisiert werden. Eine aus dem entsprechenden Material gefertigte Linse, würde die klassischen Gesetze der Optik überwinden. Solche Linsen könnten für Anwendungen in optoelektronischen Komponenten eine große Zukunft haben.

(Universität Augsburg, 24.05.2006 – DLO)

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