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Umwelt

Luft über Asien wird immer dicker

Umwelt-Spion am Himmel deckt zunehmende Luftverschmutzung auf

Satellit Envisat © ESA

In den letzten zehn Jahren ist die Luftverschmutzung über Ost-Asien stark angestiegen. Im Gegensatz dazu wurde die Atmosphäre über Teilen Europas und Nordamerikas sauberer. Dies sind zwei der wichtigen Ergebnisse aus Satelliten-Messungen von Stickstoffdioxid und anderer Luftschadstoffe mithilfe des Instruments SCIAMACHY (Scanning Imaging Absorption Spectrometer for Atmospheric Chartography) an Bord des ESA-Umweltsatelliten ENVISAT.

Die atmosphärische Zusammensetzung verändert sich schneller als erwartet, sowohl als Folge menschlichen Handelns als auch durch veränderte natürlicher Prozesse infolge des Klimawandels. SCIAMACHY ist ein Gemeinschafts-Projekt aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden, das mittlerweile seinen sechsten Geburtstag im All gefeiert hat.

Luftverschmutzung in Asien und Europa

Eine starke Zunahme bei Stickstoffdioxid sieht der „Umwelt-Spion am Himmel“ in Ländern und Gebieten mit sehr stark wachsender Wirtschaft, insbesondere in China. Die Zunahme der Luftverschmutzung ist ein ernstes Problem für die öffentliche Gesundheit, und so erhält sie – auch im Angesicht der bevorstehenden Olympischen Spiele – erhöhte Aufmerksamkeit seitens der chinesischen Regierung.

CO2-Anstieg © Institut für Umweltphysik der Universität Bremen

In Westeuropa erkennt SCIAMACHY – nach einer Phase der Verbesserung in den neunziger Jahren aufgrund wirksamer EU-Verordnungen – nunmehr eine Stagnation des Stickstoffdioxid-Rückgangs, die großenteils auf das gestiegene Verkehrsaufkommen zurückzuführen sein dürfte. In den östlichen USA beobachtete SCIAMACHY jüngst einen Rückgang der Stickoxid-Emissionen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Stickoxidfiltern in Kohlekraftwerken zur Umsetzung verschärfter Umwelt-Auflagen.

Trotz aller Verbesserung in Europa detektierte SCIAMACHY während des extrem warmen Sommers 2003 eine Kombination von Luftschadstoffen aus anthropogenen und erhöhten natürlichen Emissionen sowie Waldbränden, die sich zu einem gefährlichen Cocktail mischten und wesentlich die Zahl der Todesopfer erhöhten. Klima-Studien gehen davon aus, dass derartig warme Sommer zukünftig häufiger auftreten werden.

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SCIAMACHY überwacht Schlüsselkomponenten der Luftverschmutzung insbesondere Stickstoffdioxid. Es entsteht als Abgas beim Verkehr, bei der Energieerzeugung sowie in Industrie und landwirtschaftlicher Produktion. Außerdem ist Stickstoffdioxid an der Entstehung von Sommersmog beteiligt und damit ein wichtiger Indikator für die Verunreinigung der Luft.

Die Überwachung der Ozonschicht

Ozonloch Zeitreihe © Institut für Umweltphysik der Universität Bremen

SCIAMACHY liefert aber auch einzigartige Informationen über die Ozonschicht – einschließlich des Ozonlochs über der Antarktis. So erkennt SCIAMACHY erste Anzeichen für eine Stabilisierung der Ozonkonzentration als Ergebnis der Maßnahmen, die mit dem Montreal-Protokoll und seinen Erweiterungen in Kraft gesetzt wurden. Eine Erholung der Ozonschicht lässt sich noch nicht eindeutig feststellen. Bemerkenswert große jährliche Schwankungen konnte SCIAMACHY beim Ozonloch über der Antarktis und über arktischen Gebieten beobachten. Sie stehen im Zusammenhang mit Veränderungen in der Dynamik der Atmosphäre.

Im September 2002 beobachtete SCIAMACHY zudem sogar weltweit erstmalig ein Auseinanderbrechen des Ozonlochs. Mit SCIAMACHY leisten Deutschland, die Niederlande und Belgien – wie von den Vereinten Nationen gefordert – einen wichtigen Beitrag zur Überwachung der Ozonschicht.

Treibhausgase treiben den Klimawandel an

Kohlendioxid- und Methan-Messungen von SCIAMACHY haben zu neuen Erkenntnissen über Methan-Entstehung im tropischen Regenwald und in Feuchtgebieten geführt sowie über die saisonalen und regionalen Schwankungen von Kohlendioxid über Land. Dies ist eine bahnbrechende Anwendungen der Atmosphären-Fernerkundung und ein Meilenstein der Erdsystem-Forschung mit direkter gesellschaftlicher Bedeutung. SCIAMACHY ist das erste und bisher einzige Satelliten-Instrument das die Konzentration dieser Treibhausgase vom oberen Rand der Atmosphäre bis hinunter auf die Erdoberfläche messen kann, wo die Emissionen entstehen.

Weitere wissenschaftliche Anwendungen von SCIAMACHY

Zusätzlich zu den Messungen von Luftschadstoffen, Ozon und Treibhausgasen liefert SCIAMACHY einzigartige Messungen über die Veränderung der Sonnenstrahlung, über die Wechselwirkung ihrer koronaren Ausbrüche mit der oberen Atmosphäre, über durch Meteoriten verursachte Verunreinigungen in der Atmosphäre, sowie weitere Phänomene der oberen Atmosphäre. Darüber hinaus lassen sich mit SCIAMACHY-Daten Informationen über den Austausch von Spurengasen zwischen Ozean, Eis und Atmosphäre gewinnen.

SCIAMACHY soll bis 2013 Daten liefern

Der Nachschub an SCIAMACHY-Daten ist derzeit bis 2010 gesichert. Darüber hinaus sind Diskussionen zwischen der ESA und den nationalen Agenturen im Gange, die eine Verlängerung der ENVISAT-Mission bis 2013 zum Ziel haben. Im Zuge des EU-Programms GMES (Global Monitoring for Environment and Security) bereitet sich Europa auf die routinemäßigen Beobachtung der Atmosphären-Zusammensetzung mit Hilfe der so genannten Sentinel-Satelliten in Kombination mit dem operationellen Wettersatellitenprogramm vor. SCIAMACHY dient für diese zukünftigen Missionen als Blaupause. Um jedoch zu vermeiden, dass im Jahrzehnt 2010 bis 2020 Datenlücken entstehen, sind ergänzende Missionen notwendig.

(idw – Universität Bremen/Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 23.05.2008 – DLO)

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