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Technik

Lichtleiter erlangen neue Elastizität

Forscher entwickeln den ersten Miniatur-Lichtleiter, der sich biegen und in die Länge ziehen lässt

Der PDMS-Lichtleiter lässt sich sehr weit biegen. © Centre for Microsystems Technology/imec/Ghent University

Eine künstliche Haut für Roboter, Datenleitungen, die so flexibel sind, dass sie sich nicht nur biegen, sondern auch in die Länge ziehen lassen. Ist das ferne Zukunftsmusik oder doch schon in greifbarer Nähe? Belgische Wissenschaftler haben einen optischen Leiter entwickelt, der genau dies leistet. Bis zu 30 Prozent Zuwachs in ihrer ursprünglichen Länge können diese miniaturisierten Datenübermittler aushalten.

Enorme Mengen an Daten werden in unserer vernetzten Welt ständig übertragen. Möglichst schnell möglichst viele Signale übermitteln, darum geht es. Glasfaserkabel gelten hier als die Methode der Wahl.. Die optische Signalübertragung ist nicht nur schneller als die elektrische, sie ist auch störungsfreier. Jedoch haben optische Leitungen einen ganz entscheidenden Nachteil gegenüber ihren elektrischen Konkurrenten: Werden Glasfasern gedehnt oder gebogen, reißen und brechen sie schneller als Kupferleitungen und das Signal kommt nicht an.

Jeroen Missinne von der Ghent Universtiy und dem Centre for Microsystems Technology haben daher nach einer Methode gesucht, um optische Leiter flexibler zu machen, so flexibel, dass sie sogar in die Länge gedehnt werden können ohne zu reißen. Ihre Idee: einen Kunststoff zu finden, dessen Brechungseigenschaften die Übermittlung von Lichtsignalen ermöglicht. Denn es gab zwar schon Versuche, einen Glasfaserkern mit elastischem Kunststoff zu ummanteln, diese waren aber nicht reißfest genug.

Für ihren neuartigen Lichtleiter nutzten die Forscher Poly-Dimethylsiloxan (PDMS), einen transparenten und elastischen Kunststoff. Der innere Bereich des Leiters besteht aus einem PDMS-Kern mit höherem Brechungsindex, um diesen herum liegt eine Hülle aus dem gleichen Kunststoff mit niedrigerem Brechungsindex. Trifft das Licht aus dem Inneren des Leiters auf die Grenze zwischen beiden, wird es gebrochen und kann den Kern nicht verlassen. Dieser Aufbau fängt das Licht im Inneren des Leiters ein und zwingt es, sich entlang der Faser auszubreiten.

„Unseres Wissens ist dies in der Tat der erste wirklich biegsame und dehnbare Miniatur-Lichtleiter“, konstatiert Missinne. „Aber Lichtleiter sind nutzlos, solange nicht an einem Ende ein Lichtsignal eingeschleust und an dem anderen Ende ausgelesen werden kann.“ Also integrierten die Wissenschaftler einen sogenannten VCSE-Laser (vertical-cavity surface-emitting laser) als Lichtquelle und eine Photodiode als Detektor. Beides zuvor in flexible Polyimid-Folie verpackt.

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Der neuartige Lichtleiter verbindet Lichtquelle und Detektor auf elastischem Weg. © Centre for Microsystems Technology/imec/Ghent University

Neuartiger Lichtleiter ist elastischer als erwartet

Die Stabilität oder vielmehr die Flexibilität ihres neu gebauten gerade mal wenige Zentimeter großen Lichtleiters stellten die Wissenschaftler dann auf eine harte Probe. Sie bogen ihn und zogen ihn auseinander. Dabei verfolgten sie genau, wieviel von dem eingeschleusten Licht noch bei dem Detektor ankommt. „Wir waren erstaunt, dass das Dehnen einen nur sehr geringen Einfluss auf die Lichtübertragung hatte.“, beschreibt Missinne die Ergebnisse. „Auch die gute mechanische Leistung erstaunte uns sehr.“

Bis zu einer Zunahme von 30 Prozent ließ sich der neuartige Lichtleiter in die Länge ziehen während er um ein Objekt, wie beispielsweise den Finger eines beteiligten Forschers gebogen wurde. Doch wie oft hält der Lichtleiter diese Strapazen aus? Bei einer Dehnung um zehn Prozent seiner ursprünglichen Länge hielt der PDMS-Leiter 80.000 Zyklen aus, ohne dass die Forscher Risse oder sonstige Einbußen des Materials feststellen konnten.

Kleinere Varianten der elastischen Lichtleiter für die Zukunft

Mittlerweile arbeitet das Team daran, kleinere PDMS-Leiter zu bauen. Sie wollen Größen von 50 Mikrometern bis hin zu lediglich einigen Mikrometern im Durchmesser erreichen. Das fordert allerdings eine Neustrukturierung des sensiblen Bereichs, in dem das Licht eingekoppelt und ausgelesen wird.

In der Zukunft könnten diese miniaturisierten dehnbaren Lichtleiter überall dort Anwendung finden, wo Daten auf kleinstem Raum übermittelt werden und zudem Flexibilität gefragt ist. Eine künstliche Roboterhaut beispielsweise. Sie soll Signale aufnehmen und diese weiterleiten. Wenn ihr blecherner Träger aber etwa seinen Arm hebt und beugt und dreht, dann muss diese Haut flexibel genug sein ihr Ziehen und Strecken auszuhalten. (Optics Express, 2014; doi: 10.1364/OE.22.004168)

(Centre for Microsystems Technology/imec/Ghent University, 19.02.2014 – KEL)

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