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Chemie

Künstliches Blatt effektiver als Photosynthese

Solarmodul zur zukünftigen dezentralen Stromversorgung in den Entwicklungsländern geeignet

Zum ersten Mal ist es Forschern gelungen, ein „künstliches Blatt“ zu entwickeln, das Wasser noch effektiver spaltet als Pflanzen es bei der Photosynthese tun. Das nur spielkartengroße Solarmodul nutzt spezielle Katalysatoren, um aus Wasser und Sonnenlicht Wasserstoff und Sauerstoff zu erzeugen, die dann in einer Brennstoffzelle in Elektrizität umgewandelt werden können. Die neue Technik könnte vor allem in den Entwicklungsländern zur Stromproduktion genutzt werden.

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Die Pflanzen kennen keine Energieprobleme: Dank der Photosynthese können sie direkt mit dem Licht der Sonne Wasser spalten und chemische Energie erzeugen, die dann eingebaut oder im Stoffwechsel umgesetzt wird. Diesen genialen, unaufwändigen Prozess technisch nachzuahmen, davon träumen Wissenschaftler schon seit mehreren Jahrzehnten.

Vor mehr als zehn Jahren bereits gelang dem amerikanischen Forscher John Turner der erste Durchbruch mit einem solchen „künstlichen Blatt“. Sein Gerät erwies sich zwar als hocheffizient in der Stromerzeugung, ließ sich aber nicht praktisch einsetzen: Die dafür benötigten seltenen Metalle waren zu kostspielig und der Aufbau war so instabil, dass er immer nur einen Tag lang hielt. Jetzt aber ist Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT) hier ein weiterer entscheidender Durchbruch gelungen, wie sie nun auf einem Treffen der American Chemical Society berichteten.

Energiequelle im Spielkartenformat: Einfach, stabil und günstig

Die Wissenschaftler um Daniel Nocera haben ein künstliches Blatt entwickelt, dass nicht nur mindestens 45 Stunden ohne Probleme durchläuft, sondern auch noch aus günstigen Materialen besteht, die unter einfachsten Bedingungen arbeiten und sehr stabil sind. „Ein künstliches Blatt ist seit Jahrzehnten quasi der heilige Gral der Wissenschaft. Die Natur ist von der Photosynthese angetrieben und ich glaube, dass auch die zukünftige Welt dies nutzen wird, beispielsweise in Form eines künstlichen Blattes”, erklärt Nocera. „Wir glauben, dass wir dies jetzt geschafft haben.“

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Äußerlich besitzt das neue Gerät keinerlei Ähnlichkeit mit seinem an Eiche oder Buche wachsenden Gegenstück, obwohl die Forscher diese als Modelle für ihren neuen Typ der Solarzellen nutzten. Es hat in etwa die Form und Größe einer Spielkarte und besteht aus Silizium, Elektronik und speziellen Katalysatoren. Genau diese sind es, die den Fortschritt erlaubten. Denn im Gegensatz zu früheren Ansätzen sind diese Nickel- und Kobaltverbindungen hocheffektiv und relativ anspruchslos in Bezug auf ihre Reaktionsbedingungen.

Zehn Mal effektiver als natürliches Blatt

Wird das künstliche Blatt in einem Gefäß mit Wasser in hellem Sonnenlicht platziert, beginnt es, das Wasser in seine Komponenten Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen. Dabei arbeitet es sogar rund zehn Mal effektiver als die Photosynthese in einem Pflanzenblatt. Die Forscher sind optimistisch, dass sie diese Ausbeute sogar in Zukunft noch weiter steigern können. Der so erzeugte Wasserstoff und Sauerstoff kann nun in einer Brennstoffzelle gespeichert und zur Erzeugung von Strom genutzt werden.

Dezentrale Energie für die Entwicklungsländer?

„Das künstliche Blatt ist besonders vielversprechend als billige Quelle der Energie, beispielsweise für die Häuser von Armen in den Entwicklungsländern“, erklärt Nocera. Dort könnte es genügend Strom erzeugen, um eine Familie einen ganzen Tag lang zu versorgen. „Unser Ziel ist es, jedes Haus zu seinem eigenen Kraftwerk zu machen. Man kann sich Dörfer in Indien und Afrika vorstellen, die in nicht allzu ferner Zukunft ein erschwingliches Stromerzeugungssystem auf Basis dieser Technologie kaufen.“

(American Chemical Society, 31.03.2011 – NPO)

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