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Technik

Kristallgitter als Teleobjektiv für harte Strahlen

Neuartige Bauteile für Weltraumteleskop entwickelt

Neuartige Linse für Gammastrahlen-Teleskop © Forschungsverbund Berlin

Was noch vor zwei Jahrzehnten für physikalisch unmöglich gehalten wurde, soll in wenigen Jahren im Weltraum erprobt werden: eine Linse für Gammastrahlen. Am Institut für Kristallzüchtung (IKZ) in Adlershof wachsen dafür Germanium-Silizium-Kristalle heran, die bei dem Gammastrahlenteleskop zum Einsatz kommen. Mit einem solchen Instrument könnte unter anderem die Entstehung schwerer chemischer Elemente bei Supernovaexplosionen untersucht werden.

Die Linse soll in einem gemeinsamen Projekt mit dem Forschungszentrum für Weltraumstrahlung (CESR) der Universität Toulouse und der französischen Weltraumorganisation CNES eingesetzt werden. In diesem geht es darum, Gammastrahlen aus dem Weltall gezielt zu fokussieren und zu messen. Mit dieser Methode könnten sich beispielsweise Sternenexplosionen (Supernovae) in fernen Galaxien besser als bisher untersuchen lassen.

Bislang existierten jedoch keine Linsen, die die extrem kurzwelligen Strahlen so brechen wie optische Linsen das langwelligere sichtbare Licht. Es schien daher lange Zeit unmöglich, ein Objektiv zu bauen, das die Quellen der Gammastrahlen anvisiert. Genau so ein Objektiv wäre aber die Voraussetzung dafür, den Ursprung der Gammastrahlen überhaupt zu finden und dann genauer zu analysieren.

„Unscharfes“ Kristallgitter sieht besser

Doch jetzt gibt es eine Lösung des Problems: Die Strahlen werden durch ein spezielles Kristallgitter gebeugt und so auf einen Detektor gelenkt. Wie sich zeigte, ist ein Gitter aus einer Kombination aus den Halbleitermaterialien Germanium und Silizium dafür eeignet. Hierfür muss allerdings ein Kristall gezüchtet werden, der ganz bestimmte Störstellen aufweist.

Der Physiker Nikolai Abrosimov hat ein solches Züchtungsverfahren entwickelt.

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„Man kann sich die Kristallgitterebenen vorstellen wie Spiegel“, sagt Nikolai Abrosimov. „Für unsere Zwecke darf der Spiegel jedoch nicht zu genau reflektieren, er muss ein bisschen ,unscharf‘ sein.“ Auf diese Weise wird es möglich, mehr Gammastrahlen einzufangen. Abrosimov hat herausgefunden, wie man die herkömmlichen Züchtungsbedingungen so modifiziert, dass die maßgeschneiderte Struktur entsteht. Basis ist das so genannte Czochralski-Verfahren, bei dem die Kristalle aus einer Schmelze gezogen werden.

Nach CLAIRE kommt MAX

Das IKZ bestückte bereits die Weltraummission CLAIRE mit solchen Spezialkristallen: Ihr Ziel war die Beobachtung der Gammastrahlung aus dem klassischen Testobjekt der Astrophysik – dem Krebsnebel. Eingesetzt wurden dabei das Gammalinsensystem und ein Detektor, die zuvor mit einem Stratosphärenballon getestet wurden. Das Linsensystem bestand aus 600 Germanium-Silizium Kristallen.

Jetzt plant die französische Weltraumorganisation eine Nachfolgemission namens MAX unter der Leitung des Astrophysikers Peter von Ballmoos. Gammalinse und Detektor sollen an Bord zweier Satelliten in den Weltraum geschossen werden. In seiner Endversion würde MAX ein Teleskop ermöglichen, das eine Brennweite von 133 Metern aufweist. Dies käme einem gigantischen Teleobjektiv gleich, mit dem auch weit entfernte Gammastrahlenquellen ins Visier genommen werden können.

Wenn alles klappt, könnte das Gammstrahlenteleskop MAX dann in sechs Jahren in den Orbit gehen. Damit hätte man ein Werkzeug, um unter anderem die Entstehung schwerer chemischer Elementen bei der Supernovaexplosionen genauer zu verstehen.

(Forschungsverbund Berlin, 28.04.2004 – NPO)

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