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Astronomie

Kometen: Halley und Co. stammen von fremden Sternen

Bis 90 Prozent der „Vagabunden“ aus der Oort-Wolke von junger Sonne eingefangen

Ob Halley, Hale-Bopp oder Shoemaker-Levy – bis zu 90 Prozent der uns bekannten Kometen stammen möglicherweise gar nicht aus unserem Sonnensystem. Stattdessen entstanden sie im Orbit um andere Sterne und wurden von der noch jungen Sonne eingefangen. Das zeigt eine jetzt in „Science Express“ vorgestellte Computersimulation. Dieses Szenario könnte auch das seit 60 Jahren ungelöste Rätsel der „überschüssigen“ Objekte in der Oortschen Wolke lösen.

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Kometen gelten als die einsamen Wanderer im Weltraum. Sie tauchen scheinbar aus dem Nichts auf, folgen nicht den gewohnten Bahnen der Planeten und verschwinden ebenso plötzlich wieder, wie sie gekommen sind. Die langperiodischen unter ihnen folgen einer Umlaufbahn, die sie in 40.000 bis 150.000-fache Entfernung der Erde zur Sonne bringt. Trotzdem galten sie bisher immer als Objekte des Sonnensystems, als Irrläufer aus der Oortschen Wolke, einer Hülle von Milliarden von eisigen Brocken, die das Sonnensystem in großem Abstand umgibt. Rätselhaft war allerdings, woher die gewaltige Anzahl an Objekten stammt, denn Modelle der Entstehung des Sonnensystems ergaben bisher bestenfalls „anämische“ Wolken.

Computersimulation zeigt Vorgänge in solarer Kinderstube

Jetzt hat ein internationales Forscherteam Hinweise darauf gefunden, dass viele der Objekte in der Oortschen Wolke und damit auch viele Kometen gar nicht aus dem Sonnensystem stammen, sondern ursprünglich zu anderen Sternen gehörten. Mit Hilfe von Computersimulationen entwickelten Wissenschaftler um Hal Levison und David Kaufmann vom Southwest Research Institute (SwRI) in Boulder, Martin Duncan von der Queen’s Universität im kanadischen Kingston und Ramon Brasser vom Observatoire de la Côte d’Azur in Frankreich ihr Szenario. Demnach „stahl“ unsere Sonne die eisigen Brocken von ihren Geschwistersternen als sie noch gemeinsam in der Kinderstube waren.

Eisbrocken im stellaren Cluster

Denn obwohl unsere Sonne heute keine direkten Begleitsterne besitzt, entstand auch sie vermutlich in einem ganzen Cluster von hunderten in einer dichten Gaswolke beieinanderliegenden Sternen. Während dieser Zeit bildete sich um jeden von ihnen eine Scheibe aus Staub und Eisbrocken aus, in der allmählich die ersten Planeten entstanden. Diese schleuderten nach und nach die Eisbrocken aus der Scheibe hinaus, so dass sie als „Urkometen“ frei im Cluster herumflogen. Dann kam der entscheidende Moment: Die energiereiche Strahlung der jungen Sterne blies plötzlich die schützende Gas- und Staubhülle des Clusters ins All hinaus, der Cluster driftete auseinander und verteilte sich.

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Effizientes Einfangen von Urkometen

Die neuen Modelle der Forscher zeigen nun, dass dabei die Schwerkraft der Sonne eine ganze Reihe der herumfliegenden Eisbrocken eingefangen haben muss. Viele von ihnen waren jedoch nicht um sie, sondern um benachbarte Sterne entstanden. „Der Prozess des Einfangens ist überraschend effizient und führt zur aufregenden Möglichkeit, dass die Wolke ein Potpourri von Material verschiedenster stellarer Geschwister der Sonne enthält“, erklärt Duncan. „Wir sind zwar nicht die Ersten, die dies für wahrscheinlich halten, aber wir sind die Ersten, die dies in einer detaillierten Computersimulation zeigen.“

Nach Angaben der Forscher könnten sogar 90 Prozent der Kometen aus der Oortschen Wolke extrasolaren Ursprungs sein. Sollten sich ihre Ergebnisse bestätigen, wäre damit das seit 60 Jahren ungelöste Rätsel der „überschüssigen“ Objekte in der Oortschen Wolke endlich gelöst.

(Southwest Research Institute, 14.06.2010 – NPO)

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