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Chemie

Kieselsäure als “Geburtshelfer” in der Ursuppe?

Nanopartikel aus Siliziumdioxid ordnen Proteine

Ein Experiment schwedischer Forscher wirft möglicherweise ein neues Licht auf die bisher rätselhaften Vorgänge in der „Ursuppe“. Ihnen gelang es, Peptide durch die Zugabe anorganischer Kieselsäurepartikel im Nanometermaßstab zu ordnen und sie damit funktionell zu aktivieren.

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Winzige, amorphe Partikel in einer Wasserlösung nehmen plötzlich eine wohlgeordnete und funktionale Struktur an, wenn sie in Kontakt mit Nanoteilchen aus Siliziumdioxid kommen. Für Chemiker ist dies erstmal noch nicht Sensationelles. Überraschend wird das Ganze jedoch dadurch, dass es sich bei den sich ordnenden Partikeln um Proteine handelt. Denn normalerweise sind anorganische Teilchen wie Kieselsäure in biologischen Systemen eher unbeliebt, weil sie die Form und Funktion der Proteine stören.

„Wir wollten versuchen, Proteine zu entwickeln, die ihre Funktion erst dann wahrnehmen wenn sie in Kontakt mit einer anorganischen Oberfläche gekommen sind“, erklärt Bengt-Harald Jonsson, Professor für molekulare Biotechnologie an der Universität von Linköping in Schweden und Leiter des Forschungsteams.

Bei Kontakt bildete sich Helix

Das Forscherteam konstruierte ein Peptid, ein kurzes Protein, mit einer speziellen Verteilung seiner positiven Ladungen. Dieses Peptid wurde dann in eine wässrige Lösung gegeben, in der sich bereits winzige, nur neun Nanometer kleine kugelförmige Kieselsäurepartikel befanden. Solange die Peptide frei in der Lösung schwammen, hatten sie keine spezielle Struktur. Dies änderte sich jedoch, wenn sich ein Peptid mit einem negativ geladenen Kieselsäurepartikel verband. Der resultierende Komplex aus Peptid und Silikat nahm spontan die Form einer Helix an.

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Durch Zugabe von Aminosäuren erhielt der helixförmige Komplex Eigenschaften eines Katalyators. Ähnlich den Enzymen in lebenden Zellen könnten solche Komplexe beispielsweise eingesetzt werde, um gezielt bestimmte organische Moleküle zu markieren, Sonden für die Applikation medizinischer Wirkstoffe herzustellen oder um chemische Reaktionen zu kontrollieren.

Tonpartikel als Katalysatoren bei der Entstehung des Lebens?

Das Experiment der schwedischen Chemiker könnte auch wichtige Erkenntnisse zur noch immer ungelösten und heiß diskutierten Frage der Entstehung des Lebens bringen. Denn in der „Ursuppe“ könnten Tonpartikel mit Kieselsäureanteilen die Rolle von anorganischen Katalysatoren angenommen haben. Möglicherweise waren sie es, die die ersten unstrukturierten Peptide mit anhängenden Aminosäuren erst in ihre Form brachten und so die ersten funktionalen Proteine entstehen ließen.

“Wir wissen, dass RNA sich mit Tonpartikeln verbinden kann, wenn deren Oberfläche negative Ladungen trägt“, erklärt Jonsson. „Die Wahrscheinlichkeit, dass Peptide mit Aminosäuren in einem sehr frühen Entwicklungsstadium wohldefinierte Strukturen mit den Tonpartikeln geformt haben, ist noch sehr viel größer, da sie verschiedenartiger sind als die RNA.“ In jedem Fall liefert das Experiment der Schweden ein neues Puzzleteil für das Rätsel der Entstehung des Lebens. Ob sich in der Ursuppe wirklich diese Verbindungen abgespielt haben, müssen weitere Versuche zeigen.

(Linköping University, 06.12.2006 – NPO)

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