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Umwelt

Castle Bravo strahlt noch immer

Wasserstoffbomben-Krater ist radioaktiv am stärksten verseuchter Ort der Südsee

Castle Bravo
Explosion der Castle-Bravo-Wasserstoffbombe am 1. März 1954 im Bikini-Atoll. Welche radioaktive Kontamination bis heute im Krater dieser Explosion vorhanden ist, haben Forscher nun untersucht. © DOE

Noch immer kontaminiert: 1954 sprengte eine Wasserstoffbombe im Bikini-Atoll einen gewaltigen Krater in die Lagune – den Castle-Bravo-Krater. Jetzt haben Forscher die verbleibende Kontamination dieses Kraters untersucht. Ihr Ergebnis: Bis heute ist Castle Bravo der am stärksten radioaktiv verseuchte Ort der gesamten Marshallinseln. Vor allem Plutonium- und Americiumwerte liegen dort noch immer um das Zehnfache höher als im Rest der ehemaligen Kernwaffen-Testzone.

Zwischen 1946 und 1958 führten die USA im Bikini-Atoll und dem benachbarten Enewetak-Atoll insgesamt 64 Kernwaffentests durch. Noch heute sind dadurch viele der Atollinseln so stark radioaktiv verseucht, dass sie auf Jahrzehnte hinaus unbewohnbar bleiben. Der Fallout der Atomwaffentests ist auch mehr als 60 Jahre später noch in der Erdatmosphäre und sogar im Marianengraben messbar.

Castle Bravo Krater
Satellitenaufnahme des vom Castle-Bravo-Test hinterlassenen Kraters im Bikini-Atoll. © NASA/USGS, Landsat 7

Tauchgänge zum Kratergrund

Eines der auffallendsten Relikte der Atomwaffentests ist der Krater von Castle Bravo – dem größten oberirdischen Test einer Wasserstoffbombe in der US-Geschichte. Die Explosion dieser thermonuklearen Bombe am 1. März 1954 sprengte einen 75 Meter tiefen und 1,5 Kilometer großen Krater in das Bikini-Atoll und verteilte radioaktiven Fallout über vier Kontinente. Die freigesetzte Energie entsprach 15 Megatonnen TNT – mehr als das Tausendfache der Atombombe von Hiroshima.

Doch wie verstrahlt ist der Krater des Castle-Bravo-Tests heute noch? Um das herauszufinden, haben Emlyn Hughes und sein Team von der Columbia University in New York eine Reihe von Tauchgängen in den verstrahlten Krater unternommen. Taucher entnahmen dabei insgesamt 129 Sedimentbohrkerne von verschiedenen Stellen des Kratergrunds. Diese Bohrproben analysierten die Forscher auf fünf Radionuklide hin: Plutonium-238 sowie Plutonium-239 und -240, Americium-241, Bismut-207 und Cäsium-137.

Noch immer stark erhöhte Radioaktivität

Das Ergebnis: Der Castle-Bravo-Krater ist noch immer der am stärksten verseuchte Ort der gesamten Marshallinseln. Vor allem im Zentrum der unterseeischen Kratersenke registrierten die Forscher stark erhöhte Radionuklidwerte. Für Plutonium-239 und -240 lag die Radioaktivität demnach bei 54 Picocurie pro Gramm, das entspricht zwei Becquerel oder etwa 120 Zerfällen pro Minute und Gramm. Mit einer Halbwertszeit von 24.000 und 6.500 Jahren sind diese Plutonium-Isotope zugleich die langlebigsten Radionuklide im Krater.

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Radionuklidwerte
Radionuklid-Werte für den Castle-Bravo-Krater im Vergleich zu anderen Kernwaffen-Testgebieten in den Marshallinseln. © Hughes et al./ PNAS

Aber auch die Werte für radioaktives Americium und Bismut liegen mit 40 und 15 Picocurie pro Gramm deutlich höher als irgendwo sonst in dieser Region, wie Hughes und sein Team berichten. Die beiden Radionuklide Cäsium-137 und Plutonium-238 dagegen kamen in geringeren Mengen vor. Dennoch: „Verglichen mit der Lagune auf der Ostseite des Bikini-Atolls sind die Radionuklidwerte im Krater um eine Größenordnung höher“, sagen die Wissenschaftler.

Verseucht noch für Jahrhunderte

Welche Folgen diese noch immer relativ hohen Strahlenwerte für die Lebenswelt in diesem Meeresgebiet hat, ist bislang nur in Teilen untersucht. Die Tauchgänge zum Grund des Castle-Bravo-Kraters ergaben aber, dass es dort vor allem Seegurken und Bakterienmatten gibt. Am Rand des radioaktiven Kraters sind inzwischen auch Korallen nachgewachsen. Die Bohrkerne und Videoaufnahmen enthüllten aber auch, dass das Sediment am Kratergrund bis heute in seiner Struktur dramatisch verändert ist.

Nach Ansicht der Wissenschaftler ist das strahlende Erbe der Atomwaffentests im Castle Bravo demnach noch sehr lebendig – und wird es noch lange bleiben: „Auch wenn sich der Krater im Laufe der Zeit mit neuen Ablagerungen füllt, wird die Kontamination durch langlebige Radionuklide wie Plutonium und Americium noch Jahrhunderte lang bestehen bleiben“, konstatieren Hughes und seine Kollegen. (Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2019; doi: 10.1073/pnas.1903478116)

Quelle: PNAS

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