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Energie

Kernfusion: Forschungsanlage nimmt Betrieb auf

Wendelstein 7-X in Greifswald erzeugt erstes Helium-Plasma

Das erste Plasma in Wendelstein 7-X. Es bestand aus Helium, dauerte eine Zehntel Sekunde und erreichte eine Temperatur von rund einer Million Grad Celsius. (Eingefärbtes Schwarz-Weiß-Foto) © IPP

Das Warten hat sich gelohnt: Die Fusionsanlage Wendelstein 7-X hat den Betrieb aufgenommen. Nach fast zehn Jahren Bauzeit erzeugten die Forscher in ersten Experimenten ein Helium-Plasma mit einer Temperatur von einer Million Grad Celsius. Im kommenden Jahr soll die tatsächliche Kernfusion von Wasserstoff beginnen und die Tauglichkeit der Stellarator-Bauweise für Fusionsreaktoren beweisen.

In der Fusionsforschungsanlage Wendelstein 7-X in Greifswald war es am 10. Dezember soweit: Nach neun Jahren Bauzeit und über einer Million Montagestunden fuhr die Betriebsmannschaft das Magnetfeld hoch, das das Plasma in der dafür vorgesehenen Kammer einschließen soll. Die computergeregelte Steuerung des Experiments speiste rund ein Milligramm Heliumgas in das luftleere Plasmagefäß ein. Anschließend heizte ein kurzer Mikrowellenpuls von 1,8 Megawatt das Gas auf – und im Visier der eingebauten Kameras und Messgeräte zeigte sich das erste Plasma.

„Alles lief wie vorgesehen“

Das erste Plasma in der Maschine hielt eine Zehntel-Sekunde an und erreichte eine Temperatur von rund einer Million Grad. Das klingt zunächst nicht viel, es zeigt aber, dass die Anlage funktionsfähig und einsatzbereit ist: „Wir sind sehr zufrieden“, fasst Hans-Stephan Bosch vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald den ersten Experimentiertag zusammen: „Alles lief wie vorgesehen.“

Kernstück von Wendelstein 7-X ist ein Ring aus 50 supraleitenden, etwa 3,5 Meter hohen Magnetspulen. Durch ausgefeilte Optimierungsrechnungen erhielten sie die nötige, verdreht erscheinende Form für die Stellarator-Bauweise der Anlage. Die Spulen sind auf ein stählernes Plasmagefäß aufgefädelt und von einer ringförmigen Stahlhülle umschlossen. Der von ihnen erzeugte Magnetfeldkäfig hält 30 Kubikmeter Plasma im Inneren des Gefäßes in der Schwebe, so dass es nicht die Gefäßwand berühren und abkühlen kann. Denn erst bei Temperaturen über 100 Millionen Grad kann das Fusionsfeuer zünden.

Einbau einer Magnetspule der Plasmakammer: Die verdrillte Form ist nötig für die Stellarator-Bauweise. © IPP, Dag Hathiramani

Vorbereitung für die Wasserstoff-Fusion

Energie gewinnen wird Wendelstein 7-X jedoch nicht, darauf ist die Anlage nicht ausgelegt. Ziel der Plasmaforscher ist zunächst, die Dauer der Plasmaentladungen verlängern. Außerdem werden sie untersuchen, wie sich die Helium-Plasmen durch Mikrowellen am besten erzeugen und aufheizen lassen. Weiterhin soll die Anlage zeigen, wie gut das Stellarator-Magnetfeld das Plasma wirklich einschließt.

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Mit diesen Experimenten bereiten die Forscher die eigentlichen Fusionsexperimente vor: „Im nächsten Jahr wechseln wir zu dem eigentlichen Untersuchungsobjekt, einem Wasserstoff-Plasma“, erläutert Thomas Klinger vom IPP. „Denn mit Helium ist der Plasmazustand leichter zu erreichen. Außerdem können wir mit Helium-Plasmen die Oberfläche des Plasmagefäßes reinigen.“ Dann beginnt die tatsächliche Kernfusion, wenn im Plasma Wasserstoffkerne zu Helium verschmelzen.

Die Anlage soll beweisen, dass auch die Stellarator-Bauweise tauglich für Kernfusions-Kraftwerke ist. Wendelstein 7-X ist die weltweit größte Fusionsanlage dieses Typs. Vorteil dieser Bauweise ist, dass sie im Gegensatz zu sogenannten Tokamak-Reaktoren auch längere Plasma-Laufzeiten von bis zu 30 Minuten ermöglicht. In Tokamaks wie dem ASDEX Upgrade in Garching oder dem im Bau befindlichen Forschungsreaktor ITER sind nur kurze Plasma-Pulse machbar.

(Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, 11.12.2015 – AKR)

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