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Technik

Internet zum Anfassen?

Daten werden über Tast-Player für jedermann zugänglich

Wer einen Anzug im Internet kaufen möchte, der wird in Zukunft auch den Stoff fühlen können: Denn Wissenschaftler arbeiten jetzt an der Entwicklung des virtuellen Tastsinns.

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Professor Abdulmotaleb El Saddik, Wissenschaftler an der University of Ottawa/Kanada, und derzeit Gastforscher an der Technischen Universität (TU) Darmstadt, will gemeinsam mit Professor Ralf Steinmetz und seinen Kollegen vom Fachgebiet Multimedia Kommunikation an der TU erforschen, wie die Informationen der unterschiedlichen Sinnesbereiche synchronisiert werden können. „Hier in Darmstadt gibt es die notwendige Internet-Expertise. Ich hoffe, dass wir eine Lösung finden, wie Daten des Tastsinnes gleichzeitig mit Video- und Audio-Daten empfangen werden können“, berichtet El Saddik.

Das könnte beispielsweise die Telemedizin einen großen Schritt voranbringen. Medizinstudenten könnten unter quasi realen Bedingungen Operationen trainieren. Bislang lernen die angehenden Ärzte über Monitore, wie Organe aussehen, nicht aber, wie sie sich anfühlen. Das Gefühl ist jedoch vor allem für die immer häufiger durchgeführten minimal-invasiven Operationen besonders wichtig. Die angehenden Ärzte erhalten mit der neuen Technik ein Gespür dafür, wie sich die Operationen am Körper anfühlen, noch bevor sie zum ersten Mal eine reale OP durchführen.

Pionier der Haptik

El Saddik gilt als Pionier der Haptik im Internet. Der gebürtige Libanese hat im Juni in Berlin für seine bahnbrechenden Forschungen den mit 45.000 Euro dotierten Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung erhalten. „Als nächstes werden wir in nächster Zeit einen Haptik-Player im Internet zur Verfügung stellen“, erzählt El Saddik. Er ist einem Video-Player vergleichbar, mit dem Unterschied, dass er anstelle von Bildern ertastete Daten wiedergibt.

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Eingesetzt werden haptische Player bereits in Sprachkursen. Schüler, die japanische Schriftzeichen schreiben lernen, erhalten haptische Daten eines Japanisch-Lehrers, der vorab japanische Schriftzeichen aufgemalt hat. Zuvor hat er sich ein mit 22 Sensoren ausgestattetes Gerät über die Hand gezogen, dass die Kräfte, die beim Führen des Stiftes ausgeübt werden, durch ein so genanntes Force-Feedback speichert.

Kunst zum Anfassen

Das Gefühl, wie der Stift beim Zeichnen japanischer Schriftzeichen zu halten ist, kann jeder nachspüren, der sich ebenfalls ein solches Messgerät über die Hand zieht und über den Haptik-Player die Daten wiedergeben lässt.

In Kanada etwa bemühen sich Wissenschaftler schon um eine weitere Anwendung. Sie wollen „Kunst zum Anfassen“ schaffen. In virtuellen Museen sollen Kunstgegenstände nicht mehr nur optisch zu bewundern sein, so dass Liebhaber künftig via Internet Eindrücke von Kunstschätzen wie der Venus von Milo erhalten könnten, die ihnen im realen Leben verwehrt bleiben: Sie können die virtuelle Dame anschauen und anfassen.

(idw – Technische Universität Darmstadt, 01.10.2007 – DLO)

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