Fast 400 Tote, zahlreiche Verletzte und hunderte von Vermissten: Dies ist die bisherige Bilanz nach dem Tsunami, der vor vier Tagen die zu Indonesien gehörenden Mentawai-Inseln verwüstet hat. Ins Kreuzfeuer der Kritik geraten ist dabei das unter deutscher Federführung entwickelte Tsunami-Frühwarnsystem, das angeblich versagt haben soll. Doch das stimmt nicht, wie jetzt das Deutsche GeoForschungsZentrum in Potsdam (GFZ) mitteilte.
Am 25. Oktober 2010 um 21:42 Uhr lokaler Zeit ereignete sich etwa 25 Kilometer südwestlich der Pagai-Inseln im Sundabogen vor Sumatra ein starkes, untermeerisches Erdbeben mit der Stärke 7,8. Dadurch wurde ein Tsunami ausgelöst, der insbesondere die Mentawai-Inseln, zu denen Pagai gehört, traf.
Alarm nach vier Minuten
Bereits vier Minuten und 46 Sekunden später wurde dem GFZ zufolge vom Warnsystem des Tsunami-Warnzentrums in Jakarta ein Tsunami-Alarm ausgelöst. „Aufgrund ihrer direkten Nähe zum Erdbebenherd traf der Tsunami etwa zeitgleich bereits auf die Insel Pagai, die wohl am stärksten betroffen ist, hier wurden viele Häuser durch das Erdbeben und den nachfolgenden Tsunami zerstört“, so das GFZ.
Die Tsunami-Warnung ging danach vom Warnzentrum über Satellit an rund 400 Einrichtungen wie Polizei oder lokale Katastrophenschutzeinrichtungen. Auch über Medien – TV, Radio, Internet – wurde zusätzlich gewarnt. Die Mentawai-Hauptinsel empfing diesen Alarm ebenfalls.
Alle Komponenten haben funktioniert
Entgegen anderslautender Informationen haben nach Angaben des GFZ sämtliche Komponenten des Tsunami-Frühwarnsystems funktioniert: „Meldungen über defekte oder gar mutwillig zerstörte Systemeinheiten entbehren jeglicher Grundlage. Die Erfassung des verursachenden Bebens durch das seismologische Netz erfolgte nahezu in Echtzeit, das zugehörige Lagebild zeigte relevante Warnstufen besonders für die westlichen Küstenabschnitte der Mentawai-Inseln.“
Die Messung des Tsunamis an Pegelstationen auf den Inseln und an der Küste Sumatras erfolgte laut dem GFZ präzise, so zeigte die Station Padang den eintreffenden Tsunami nach 55 Minuten mit 31 Zentimetern Wellenhöhe korrekt an.
„Der Unterschied in der Wellenhöhe zwischen der Pagai-Insel und der Küste Sumatras erklärt sich durch den Bebenprozess selbst: der größte Teil der Energie wurde in Richtung Südwest, auf das offene Meer abgestrahlt, zudem wirkten die Mentawai-Inseln wie ein Wellenbrecher in Richtung Sumatra-Hauptinsel. Daher konnte der Tsunami-Alarm bereits nach 56 Minuten wieder aufgehoben werden“, so das GFZ weiter.
Endgültigen Schutz gibt es nicht
Wie beim Tsunami von Samoa vom 30. September 2009 zeigte sich auch hier, dass es einen vollständigen Schutz vor Erdbeben und Tsunamis nicht geben kann: direkt am Entstehungsort sind das Erdbeben und das Eintreffen des Tsunamis nahezu zeitgleich. Je größer die Entfernung zum Erdbebenort ist, desto länger ist die Vorwarnzeit. Für die Bewohner der Inselkette vor Indonesien ist das Risiko sehr hoch.
Das Vorhandensein eines funktionierenden Tsunami-Frühwarnsystems dürfe, so das GFZ, nicht in einen kompletten Schutz vor der Katastrophe umgedeutet werden. Gerade dieses trügerische Sicherheitsgefühl zu bekämpfen, sei Teil der Arbeiten für das Tsunami-Frühwarnsystems für Indonesien.
(Deutsches GeoForschungsZentrum, 29.10.2010 – DLO)