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Geowissen

„Hurrikan-Formel“ entdeckt

Häufigkeit und Intensität von Wirbelstürmen folgen allgemeingültiger mathematischer Gesetzmäßigkeit

Wie stark und wie häufig eine Region von Wirbelstürmen heimgesucht wird, ist nicht zufällig: Forscher haben jetzt entdeckt, dass Anzahl und Energiefreisetzung der Hurrikans einer allgemeingültigen mathematischen Korrelation folgen, die unabhängig vom Ort und Zeitpunkt ihres Auftretens ist. Wie sie in „Nature Physics“ berichten, macht die neu entdeckte Gesetzmäßigkeit die Vorhersage der Zerstörungskraft eines Wirbelsturms leider nicht leichter, sondern sogar schwieriger.

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Wirbelstürme der stärksten Kategorie 5, wie Hurrikan Katrina im Jahr 2005, sind deutlich seltener als schwächere, so viel ist klar. Aber das genaue Verhältnis zwischen der Intensität von Wirbelstürmen und ihrer Häufigkeit war bisher nicht bekannt. Daher ist zwar die Prognose der Zugwege und Wanderungsgeschwindigkeiten heute mehrere Tage im Voraus möglich, nicht aber eine Aussage zu der zu erwartenden Intensität. Da jedoch gerade diese bestimmt, welche Katastrophenschutzmaßnahmen ergriffen werden müssen und ob Evakuierungen nötig werden, wird hier mit Hochdruck weiter geforscht.

Allgemeingültige mathematische Korrelation

Jetzt haben Wissenschaftler der Autonomen Universität Barcelona und des Forschungszentrums für Mathematik (CRM) hier einen wichtigen Durchbruch erzielt. Ihre Analyse der Daten von Wirbelstürmen in verschiedensten Regionen der Erde zwischen 1945 und 2007 enthüllt, dass es einen Zusammenhang zwischen Häufigkeit und Intensität gibt. Diese Korrelation folgt zudem einem Potenzgesetz und lässt sich mit einer überraschend präzisen mathematischen Formel beschreiben – unabhängig davon, wo und wann auf der Welt ein solcher Wirbelsturm auftritt.

Potenzgesetz macht Prognose der Intensität schwierig

Die Entdeckung dieser Gesetzmäßigkeit hat verschiedene weitreichende Folgen für die Vorhersage von Hurrikans. Denn Naturereignisse, die dem Potenzgesetz folgen, machen eine Prognose ihrer Intensität aufgrund der sehr kleinen Faktoren, die eine große Änderung in der freigesetzten Energie auslösen können, extrem schwierig bis unmöglich. Ähnliches gilt beispielsweise für Erdbeben.

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Im Falle eines Wirbelsturms besteht das Problem darin, dass die dynamischen Prozesse, die aus einem kleinen Sturm einen mächtigen Hurrikan bilden, prinzipiell identisch mit denen sind, die nur einen schwachen Tropensturm erzeugen. Welcher von beiden sich entwickelt, wird dadurch bestimmt, ob verstärkende oder schwächende Fluktuationen im Innern des Sturms die Oberhand gewinnen. Da sich der Sturm jedoch quasi permanent auf einer Gratwanderung zwischen diesen widerstreitenden Kräften befindet, ist die Vorhersage, zu welcher Seite hin das Gleichgewicht kippt, quasi unmöglich.

Klimawandel verschiebt „Abbruchspunkt“

So weit, so ungünstig. Doch noch eine Schlussfolgerung ziehen die Forscher aus ihren Analysen: Die Daten zeigen, dass die Stürme dem Potenzgesetz nur bis zu einer bestimmten Energiemenge folgen. Normalerweise ist die Anzahl der Hurrikans umgekehrt proportional zu ihrer Intensität. Doch bei den stärksten Hurrikans bricht dieser Zusammenhang plötzlich ab – und dies umso später, je höher die Wassertemperatur und je ausgeprägter der El Nino. Das aber bedeutet auch, dass der Klimawandel, der beide Faktoren beeinflusst, einen deutlichen Einfluss auf die Häufigkeit starker Hurrikans hat.

Aber der Klimawandel ist nicht allein für die Zunahme der Hurrikanintensitäten in den letzen Jahrzehnten verantwortlich – auch das zeigen die Daten. Denn die Forscher identifizierten zeitliche Muster, die sich so auch schon in der Vergangenheit nachweisen lassen. So gleicht die heutige Verteilung und Stärke der Hurrikans im Atlantik der in den 1950er Jahren.

(Universitat Autònoma de Barcelona, 13.07.2010 – NPO)

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