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Energie

Grüner Strom aus uraltem Wasserkraftwerk?

Oberharzer Wasserregal soll reaktiviert werden und ans Stromnetz gehen

Der Nabentaler Graben bringt die Wasser des Bruchberges, des zweithöchsten Berges Niedersachsens, über den Dammgraben mit dem Sperber Damm auf die Clausthaler Hochfläche. © Peter Welke

Ein 500 Jahre altes Wasserkraftwerk im Harz, das mit Regenwasser betrieben wird, soll reaktiviert werden und ans Stromnetz gehen. Das „Oberharzer Wasserregal“ mit seinem ausgeklügelten System aus Gräben und Auffangbecken könnte nach einer Studie eines Bonner Forschers jährlich einige Millionen Euro einbringen.

Der Regen, der über dem Brocken niedergeht, war früher zwar kein Gold, aber doch immerhin Silber wert. Schon im Mittelalter bauten die Menschen im Harz das dort reichlich vorhandene Edelmetall ab. Dabei stießen sie recht schnell auf ein Problem, das auch heutige Bergleute noch beschäftigt: Die Trockenhaltung der Grubenbauten.

Regenwasser trieb Pumpen an

Ursache ist das so genannte Kluftwasser, das aus dem umgebenden Gestein in die Stollen strömt – je tiefer, desto mehr. Die Harzer Bergleute trieben den Teufel schließlich mit dem Beelzebub aus: Sie nutzten Regenwasser zum Antrieb von Pumpen, mit denen sie dann ihre Gruben entwässerten. Um Clausthal und Zellerfeld setzte man also schon vor mehr als 500 Jahren auf regenerative Energie.

Und das ziemlich effizient: „Drei Viertel aller Regentropfen, die über der wasserwirtschaftlich genutzten Fläche des Harzes herabfielen, wurden zur Trockenlegung der Stollen und zum Betrieb der Bergwerke verwandt“, betont Peter Welke von der Universität Bonn. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dieser weltweit wohl einmaligen Nutzung der Wasserkraft.

Zwischen 1750 und 1800 sntstandt diese aus vielen Einzelscans zusammengesetzte Darstellung der Oberharzer Teiche und Gräben. Der Zeichner Quensell arbeitete als Markscheider, also als bergmännischer Vermessungsingenieur, beim Bergamt Clausthal. © Quensell / Uni Bonn

„Oberharzer Wasserregal“ soll Weltkulturerbe werden

Leider ist das ausgeklügelte System aus Gräben und Auffangbecken heute jedoch in einem schlechten Zustand. Das ist besonders schade, weil sich die Region momentan um den Weltkulturerbestatus für das „Oberharzer Wasserregal“ bemüht.

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Zusammen mit seinen Studenten führt Welke regelmäßig Geländepraktika in der ehemaligen Bergbau-Region durch. Dabei konnte er zahlreiche Schäden dokumentieren. Dennoch sei es sehr wohl möglich, die Anlage wieder betriebsfähig zu machen, meint er.

Strom für mehreren Millionen Euro jährlich

Der gelernte Physiker und Absolvent der früheren Bergakademie Clausthal hat sogar ausgerechnet, wie viel Strom das uralte Wasserkraftwerk liefern könnte: „Bei den augenblicklichen Preisen ließen sich damit Erlöse von mehreren Millionen Euro jährlich erzielen. Das ist mehr als genug, um die Instandhaltung zu finanzieren.“

Auch Professor Winfried Schenk vom Geographischen Institut der Universität Bonn plädiert dafür, das einmalige Kulturdenkmal wieder herzurichten: „Warum sollte eine Anlage, die 500 Jahre lang zur Energieerzeugung eingesetzt wurde, das nicht auch heute wieder tun?“ Den Verfall, den Welke im Laufe seiner Forschungsarbeiten dokumentiert habe, hält Schenk für erschreckend – gerade auch angesichts der großen kulturgeschichtlichen Bedeutung des Oberharzer Wasserregals.

Turmhohe Wasserräder unter Tage

Mitunter ist Welke selbst erstaunt, mit welcher Raffinesse die Bergleute damals vorgingen: Über kilometerlange Gräben, die nur ein minimales Gefälle aufwiesen, führten sie das Wasser zu großen Sammelbecken. Von dort leiteten sie es bei Bedarf zu den jeweils aktiven Gruben. Dort ließen sie das kostbare Nass unter Tage auf turmhohe Wasserräder fallen, die ihrerseits wieder Pumpen antrieben. Das seiner Lageenergie beraubte Wasser leiteten sie danach über Dutzende von Kilometern in die Ebene ab.

„Das Harzer System der Wassernutzung hätte auf jeden Fall verdient, zum Weltkulturerbe ernannt zu werden“, betont Welke angesichts dieser Ingenieurs-Meisterleistung.

Grabensystem nicht mehr intakt

1930 wurden die Gruben im Harz geschlossen. Dennoch war das einmalige Kulturdenkmal bis 1965 noch in einem guten Zustand. Damals hatte die Preussag den Zustand des Grabensystems zum letzten Mal im Detail dokumentiert. „Im Prinzip hätte man es damals ohne größeren Aufwand direkt wieder in Betrieb nehmen können“, meint Welke.

Mitte der 90er Jahre gingen die Wassernutzungsrechte in der Region an die Harzwasserwerke. Im Gegenzug sollten diese das Grabensystem erhalten. Dennoch sind inzwischen zahlreiche Gräben teilweise trocken gefallen oder undicht geworden, wenn sie nicht gar völlig zerstört wurden. Welke: „An eine Nutzung ist momentan ebenso wenig zu denken wie wohl auch an eine Anerkennung als Weltkulturerbe.“

(idw – Universität Bonn, 12.08.2009 – DLO)

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