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Technik

Größte Digitalkamera macht Jagd auf Asteroiden

Bonner Forscher liefern weltgrößten Kameraverschluss

Ananas demonstriert Größe der Verschlussöffnung © Uni Bonn

Einen ungewöhnlich großen Präzisionsverschluss für eine astronomische Riesenkamera haben Bonner Forscher entwickelt. Astronomen auf Hawaii werden diesen Verschluss, dessen Öffnung knapp einen halben Meter im Quadrat misst, in ihrer Pan-STARRS Kamera einsetzen – das ist mit einer Auflösung von 1.400 Megapixel die größte Digitalkamera, die jemals gebaut wurde. Das Forscherteam will mit ihr auf die Jagd nach Asteroiden gehen, die der Erde bedrohlich nahe kommen könnten.

Um sie zu finden und ihre Bewegung zu verfolgen, müssen möglichst große Himmelsareale wiederholt und in rascher Folge aufgenommen werden. Deshalb wurde die Kamera so groß gewählt wie technisch machbar.

"Bonn Shutter" erfolgreich getestet

Zu dem riesigen Detektorfeld wünschte sich das Team am Institute for Astronomy der University of Hawaii einen "Bonn Shutter" – "shutter" ist die englische Übersetzung für "Kameraverschluss" – aus dem Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn. Wissenschaftler der so genannten Instrumentierungsgruppe haben in den letzten Jahren bereits Verschlüsse unterschiedlichster Größe entwickelt, für Kameras an Teleskopen von zwei bis zehn Metern Durchmesser – in Andalusien, La Palma, Arizona und an der Europäischen Südsternwarte in Chile.

Schon der kleinste dieser Verschlüsse ist mit einer Öffnung von elf mal elf Zentimetern immerhin 15mal größer als der einer Kleinbildkamera. Das neue Exemplar ist das größte, das vom Team um Klaus Reif bislang gebaut wurde. In den ersten Februartagen hat es seine Reise nach Hawaii angetreten. Dort ist es bereits erfolgreich getestet worden.

Jeder Fotograf und Fotoamateur hat übrigens einen ähnlichen Verschluss vor Augen, wenn er einen Film in seiner Spiegelreflex-Kamera wechselt: Eine kleine viereckige Öffnung unmittelbar vor der Filmebene, die mit einer Metall-, Kunststoff- oder Textillamelle verschlossen ist. Bei einer Belichtung wird diese Lamelle von einer Feder blitzschnell von der Öffnung gezogen, um die Filmebene freizugeben, und anschließend eine zweite Lamelle wieder in die Öffnung gezogen, um sie zu verschließen. Bei sehr kurzen Belichtungen folgt die zweite Lamelle, noch bevor die erste ganz verschwunden ist: Es entsteht ein sich bewegener Schlitz. Daher der Name "Schlitzverschluss".

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Hohe technische Anforderungen

Dieses Schlitzverschlussprinzip ist auch die Grundlage der "Bonn Shutter". Damit erschöpfen sich aber auch schon die Ähnlichkeiten mit einer konventionellen Kamera. Das liegt nicht alleine an der schieren Größe, sondern vor allem an den hohen technischen Anforderungen. Bei der Asteroidensuche werden im Verlaufe von Jahren von einigen Hunderttausend bis zu mehreren Millionen Aufnahmen gemacht. Und das soll der Verschluss nicht nur irgendwie überleben, sondern er muss seine Qualität unverändert behalten.

Denn eine astronomische Kamera liefert nicht einfach nur Bilder. Sie ist vor allem ein Präzisionsmessinstrument zur Bestimmung von Helligkeiten. Jedes einzelne Pixel misst die dort auftreffende Anzahl von Lichtteilchen, den Photonen. Damit das exakt klappt, müssen die Belichtungszeiten ganz präzise eingehalten werden, und das an jeder Stelle der Detektorfläche – sozusagen für jedes einzelne Pixel.

Astronomen sprechen von Belichtungshomogenität. Die Arbeitsgruppe am Argelander-Institut hat erreicht, dass die Belichtungszeiten für beliebige Pixel in der 48cm x 48cm großen Öffnung um weniger als eine tausendstel Sekunde voneinander abweichen. Dazu wurde neben der präzise gefertigten Verschlussmechanik ein mikroprozessorgesteuertes Antriebsverfahren entwickelt. Diese Kombination stellt sicher, dass die Bewegung der motorgetriebenen Verschlusslamellen mit der geforderten Genauigkeit abläuft. Und das muss auch in gut 3.000 Metern Höhe bei frostigen Temperaturen absolut zuverlässig funktionieren.

Zudem werden die Lamellen in weniger als einer Sekunde über die komplette Verschlussöffnung bewegt. Dazu müssen sie besonders leicht sein. Schließlich blieb wieder nur eine Eigenentwicklung: Eine mehrlagige "Sandwich"-Struktur, wie sie im Flugzeug- und Rennwagenbau üblich ist.

DarkEnergyCamera wird entwickelt

Die Nachfrage nach "Bonn Shutter" hält an. Zurzeit ist bereits ein weiterer großer Kameraverschluss für ein australisches Teleskop in Arbeit. Daneben kam aus den USA die Anfrage nach dem bisher größten Exemplar mit einer Öffnung von 50 mal 50 Zentimeter.

Die dazugehörige Kamera hört auf den Namen DarkEnergyCamera. Sie wird für ein Vier-Meter-Teleskop in Chile entwickelt. Von der Auswertung der Aufnahmen dieser Kamera erhofft man sich entscheidende Fortschritte bei der Beantwortung der Frage: Was ist die "Dunkle Energie"?

(idw – Universität Bonn, 22.03.2006 – DLO)

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