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Nanotechnologie

Golddraht lässt Elektronen im Stau stehen

Nanoleitung funktioniert wie Stop-and-Go-Verkehr

In Nanodrähten aus Goldatomen können sich Elektronen nur in sehr engen Bahnen bewegen, so dass es zum Stau kommt. Veranschaulicht ist das hier durch den rot eingefärbten Draht. Rechts oben ist die Spitze eines Rastertunnelmikroskops dargestellt, mit dem Physiker die elektronischen Eigenschaften der Nanodrähte messen. © Christian Blumenstein

Der dünnste Draht der Welt, hergestellt aus purem Gold, besitzt eine ungewöhnliche elektrische Leitfähigkeit: Die Elektronen bewegen sich nicht frei durch den Draht, sondern wie Autos im Stop-and-Go-Verkehr. Das berichten die Forscher aktuell in „Nature Physics“. Vorhergesagt wurde dieses Phänomen schon länger, est jetzt aber gelang der Nachweis.

Im Normalfall wandern Elektronen, die Träger der elektrischen Ladung, kreuz und quer durch Metalle oder andere elektrisch leitende Materialien. Aber das ändert sich, wenn man die Leiter immer kleiner macht. Physiker der Universitäten Würzburg und Kassel haben die Miniaturisierung auf die Spitze getrieben: Ihre Nanodrähte bestehen aus einzelnen Goldatomen, die kettenförmig angeordnet sind – kleiner geht es nicht. In Kooperation mit Forschern des Paul-Scherrer-Instituts nahe Zürich haben die Physiker jetzt die elektrischen Eigenschaften der Nanodrähte untersucht.

In den Nanodrähten sind die Elektronen so eingeengt, dass sie sich nur in eine Richtung bewegen können, entlang der Drähte. Und selbst dieses bisschen Freiheit können sie nicht voll ausnutzen. Sie kommen nur im Stop-and-Go-Verkehr voran – ähnlich wie im Stau auf der Autobahn, wenn den Fahrzeugen nur eine Spur zur Verfügung steht: Erst wenn ein Auto in der Schlange ein Stück fährt, kommen auch die anderen voran. „Genau so sind die Bewegungen der Elektronen in einem Nanodraht korreliert“, sagt Matzdorf. „Dabei können sie nur ausgewählte Energien annehmen, was sich in der elektrischen Leitfähigkeit widerspiegelt und von uns im Experiment genau vermessen wurde.“

Den Elektronenstau hat Claessens Team in Kooperation mit den Kollegen aus Kassel und dem Paul-Scherrer-Institut nun experimentell nachgewiesen. Den Wissenschaftlern gelang das mit hoch empfindlichen Messmethoden, der Rastertunnelmikroskopie und der Photoemission. Damit konnten sie die ungewöhnlichen Zustände der Elektronen direkt abprüfen.

Atomarer Baukasten: Aus einzelnen Goldatomen formen sich automatisch Nanodrähte (links), die sich dann gezielt mit Brücken verbinden oder absichtlich stören lassen – zum Beispiel durch den Einbau anderer Atomsorten oder das Entfernen einzelner Goldatome aus den Ketten. © Christian Blumenstein

Es hat Jahrzehnte gedauert, diese besonderen Elektronenzustände experimentell in atomaren Nanostrukturen zu erzeugen. „Das liegt vor allem daran, dass die bisher hergestellten Nanodrähte zu nah beieinander lagen und sich gegenseitig beeinflusst haben, so dass keine Quantenflüssigkeit entstehen konnte“, erklärt Claessens Mitarbeiter Jörg Schäfer. Dieses Problem haben die Würzburger Physiker vor gut zwei Jahren behoben: In einem ausgeklügelten Verfahren dampfen sie Goldatome so auf Germanium-Plättchen auf, dass die Atome sich von ganz alleine zu geradlinigen, parallel verlaufenden Ketten anordnen, die weit genug voneinander entfernt sind.

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Die Nanodrähte wollen die Physiker jetzt als atomaren Baukasten nutzen. Sie denken zum Beispiel daran, zwischen den Drähten Kontakte aus einzelnen Atomen oder Molekülen einzubauen, was winzigen atomaren Schaltelementen entsprechen würde. So wollen sie auf dieser kleinstmöglichen Ebene weiteren elektronischen Phänomenen nachspüren. Ihre Erkenntnisse dürften für die rasch fortschreitende Miniaturisierung von elektronischen Bauelementen, etwa für Computer, sehr wertvoll sein. (Nature Physics, AOP, 2011; DOI: 10.1038/nphys2051)

(Universität Würzburg, 09.08.2011 – NPO)

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