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Technik

Fußball-WM: Eine Brosche für die Diva

In den Konstruktionen von vier WM-Stadien in Südafrika steckt Berliner Ingenieurwissen

Wie ein Himmelsbogen wölbt sich die Dachkonstruktion über das Stadion in Durban © schlaich bergermann und partner / Knut Göpper

Wenn heute Abend die deutsche Nationalmannschaft in Johannesburg spielt, tut sie dies unter einer Dachkonstruktion Berliner Ingenieure. Denn sowohl im Stadion Soccer City“ als auch in den futuristischeren Entwürfen der Stadien in Durban, Kapstadt und Port Elizabeth steckt das Knowhow deutscher Ingenieurskunst.

Der Himmel für die deutsche Nationalmannschaft öffnete sich an ihrem ersten WM-Tag im Moses-Mabhida-Stadion in Durban bei einem grandiosen 4:0-Auftaktspiel gegen Australien. Und wo ginge das besser als unter einem „Himmelsbogen“? So nennen die Architekten und Ingenieure den 104 Meter hohen stählernen Bogen, an dem die Falten des textilen Stadion- Zeltdaches aufgehängt sind und der in der südafrikanischen Stadt Durban ein weithin sichtbares Zeichen setzt.

Diese kühne und symbolträchtige Dachkonstruktion stammt von Berliner Ingenieuren, einem Büro, das von Mike Schlaich, Professor für Entwerfen und Konstruieren der Technischen Universität Berlin, geleitet wird. Sie waren auch für drei weitere futuristische Stadiondächer der WM 2010 in Kapstadt, Port Elizabeth und Johannesburg zuständig. Bei allen drei Stadien verband sich die Ingenieurkunst mit der Kunstfertigkeit und den Ideen der Hamburger Architekten Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg.

Durban: symbolträchtiger Himmelsbogen“

„Please put Durban on the map“ war die Erwartung der südafrikanischen Bauherren an die Architekten und Ingenieure, „Machen Sie Durban sichtbar!” Der gespannte Bogen, in der Silhouette der Stadt deutlich wahrnehmbar als symbolträchtiges Element der Verbindung, war für diese Funktion zugleich als lastabtragendes Element des Daches die sinnfällige Lösung. „Niemand wird mehr ein Gesamtbild der Stadt fotografieren, ohne das strahlend weiße Bauwerk ins Bild zu rücken“, sind sich die Konstrukteure des Bauwerks sicher. „Von dieser Art von Ingenieurkunst, von den internationalen Erfahrungen, den konstruktiven Lösungen für die speziellen Probleme, die hier erforderlich waren, profitieren natürlich auch unsere Studierenden an der TU Berlin“, sagt Mike Schlaich.

Nelson Mandela Bay Stadium in Port Elizabeth © CC-by-sa 3.0

Port Elizabeth: „Blüte“ in einer grauen Stadt

Ähnlich himmelstürmende Eigenschaften besitzen auch die anderen Stadienbauten. Als „strahlende Blüte“ für eine eher graue Stadt am Stillen Ozean erhebt sich das „Nelson Mandela Bay Stadium“ in Port Elizabeth auf einem erhöhten Plateau, als leuchtende Erscheinung weithin die Szenerie beherrschend. Eine zweigeschossige umlaufende Kolonnade bildet den Korpus des Gebäudes, über den sich das Dach mit blattförmigen Rippen wölbt. Diese neigen sich schließlich schützend nach innen über die Tribünen, was an eine Blütenkelchform erinnert.

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Das Stadion, das später auch als Arena für den Nationalsport Rugby dienen soll, liegt in einem der weniger privilegierten Stadtviertel und ist mit als Initialzündung für das abgewirtschaftete Industrie- und Gewerbegebiet gedacht, das den Norden der Stadt von der Küstenlinie trennt.

Kapstadt: eine „Brosche für die Diva“

Auch für das „Cape Town Stadium“ gibt es eine bildhafte Bezeichnung, die Bezug auf sein Äußeres nimmt: es ist die „Brosche für die Diva“. Die Diva ist Kapstadt, die Stadt am Wind. Es ist die Stadt, in der das weiße Bürgertum noch unter sich war, insbesondere was seine Sportstätten wie Golfplätze und Rugbystadien betraf. Doch bei der Eröffnung des neuen Großbauwerks, das die Silhouette der Stadt und auch die Nutzer des Terrains stark verändert hat, feierten alle gemeinsam. Das Meer, die Uferlinie und der allgegenwärtige Tafelberg bilden die Bezugslinien dieser Konstruktion. Sie erscheint als flache Schale mit ebener Dachkontur: ein weiterer Horizont, von oben betrachtet wie eine Brosche oder ein großes Auge.

Johannesburg: Fassade als Kalebasse

„African Melting Pot“ wird das größte der neuen WM-Stadien genannt, das Nationalstadion „Soccer City“ in Johannesburg, das rund 100.000 Zuschauern Platz bietet und dem Eröffnungs- und auch dem Finalspiel vorbehalten ist. Seine Fassade aus Zementplatten in allen Farben Afrikas hat Ähnlichkeit mit der typisch afrikanischen Keramikschale, der Kalebasse. Dieses Stadion, bei dem Dachkonstruktion und Fassade von den Berliner Ingenieuren stammen, entstand in Zusammenarbeit mit den Londoner und südafrikanischen Architekten Boogertman Urban Edge and Partners sowie mit PDNA, Johannesburg.

Für eine der 32 WM- Mannschaften wird „Soccer City“ am 11. Juli 2010 zum Ort ihres großen Triumpfs werden, wenn sie als Weltmeister 2010 aus dem Finalspiel gehen. Ob das allerdings Deutschland sein wird, müssen Spielglück und Kickerkönnen entscheiden.

(Technische Universität Berlin, 23.06.2010 – NPO)

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