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Physik

Forscher verwandeln Diamant in Graphit

Erstmals detaillierte Beobachtung der sogenannten Graphitisierung gelungen

Diamant und Graphit sind zwei unterschiedliche Formen von Kohlenstoff, die sich ineinander umwandeln lassen. © DESY/ Gesine Born

Verkehrte Welt: Statt neue Diamanten zu erschaffen, haben Forscher die Edelsteine in Graphit umgewandelt – den „ordinären“ Verwandten des edlen Kohlenstoffkristalls. Mithilfe ultrakurzer Laserblitze konnten sie zum ersten Mal detailliert beobachten, wie sich die Kristallstruktur des Diamants dabei blitzschnell in die Graphitstruktur umwandelt. Interessant ist das vor allem für die Industrie. Denn sie muss für ihre Anwendungen wissen, wie stabil Diamant ist – und wie es zum Beispiel auf Hochdruck, Laserbeschuss und Hitze reagiert.

Diamanten sind im Prinzip nichts Anderes als unter hohem Druck und Hitze komprimierter Kohlenstoff. Die meisten von ihnen entstanden in rund 150 bis 200 Kilometern Tiefe im Erdmantel und wurden dann von urzeitlichen Vulkanen in die Erdkruste befördert. Aufgrund ihrer besonderen Kristallstruktur gelten diese Kunstwerke aus dem Inneren der Erde bis heute als kostbarste aller Edelsteine.

Doch obwohl Diamanten gemeinhin mit dem Attribut der Unvergänglichkeit versehen werden, sind sie alles andere als unkaputtbar. Denn unter bestimmten Bedingungen verwandelt sich das Mineral in seinen weniger begehrten Bruder Graphit – ebenfalls eine Form des Kohlenstoffs, die jedoch eine andere Kristallstruktur hat. Was auf den ersten Blick nicht gerade erstrebenswert erscheint, haben Wissenschaftler um Franz Tavella vom National Accelerator Laboratory „SLAC“ im kalifornischen Menlo Park nun gezielt herbeigeführt.

Diamant unter Laserbeschuss

Dafür beschossen die Forscher kleine, nur 0,3 Millimeter dünne Diamantscheiben mit den ultrakurzen Blitzen des italienischen Freie-Elektronen-Röntgenlasers FERMI in Triest. Derart intensive Laserpulse zerstören normalerweise die Kristallstruktur eines Festkörpers, sodass eine innere Unordnung entsteht. Diamant ist jedoch eine Ausnahme: Seine innere Struktur geht durch den Beschuss in eine andere Ordnung über: Aus dem Diamanten wird Graphit.

Doch warum das Ganze? „Es war bereits grundsätzlich bekannt, dass Diamant graphitisiert, wenn man genügend Energie hineinschießt“, erläutert Mitautor Sven Toleikis vom Deutschen Elektronen-Synchroton in Hamburg. „Aber es war nicht bekannt, wie das genau passiert.“ Weil Diamant zunehmend für industrielle Anwendungen genutzt werde, sei es jedoch wichtig, mehr über seine Stabilität und den Graphitisierungsprozess zu erfahren.

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Ablauf der Phasenumwandlung von Diamant zu Graphit © DESY/ Nikita Medvedev

Blitzschneller Phasenübergang

In der Theorie gibt es für den Übergang vom Diamanten zum Graphit zwei mögliche Pfade: Im sogenannten thermischen Übergang wird die absorbierte Energie auf das Kristallgitter im Diamant übertragen, bis sich dieses in der Graphitstruktur neu organisiert. Im nicht-thermischen Modus reicht bereits die Energieabsorption durch nur einen kleinen Teil der Elektronen im Diamanten aus, um die inneren Potenzialflächen zu verschieben und so eine Neuorganisation auszulösen. Letztere Variante wäre bedeutend schneller.

Mit ihren Experimenten konnten die Forscher nun nachweisen, dass der Phasenübergang im Diamant nicht-thermisch abläuft und nur rund 150 Femtosekunden dauert. Zum Vergleich: Eine Femtosekunde entspricht einer billiardstel Sekunde. „Die Röntgenblitze regen die Elektronen an“, erklärt Tavella. „Wenn sich nur etwa 1,5 Prozent der Elektronen in einem angeregten Zustand befinden, beginnt der Kristall bereits, seine innere Organisation zu verändern und in den Graphit-Zustand zu kippen.“

„Es ist das erste Mal, dass dies zeitaufgelöst beobachtet werden konnte“, betont Toleikis. Die Beobachtungen beantworten dem Team zufolge aber nicht nur die Frage, wie Diamant zu Graphit wird. Sie seien auch ein entscheidender Schritt, um das grundlegende Verhalten von Festkörpern unter energiereicher Bestrahlung zu verstehen. (High Energy Density Physics, 2017; doi: 10.1016/j.hedp.2017.06.001)

(Deutsches Elektronen-Synchrotron, 27.11.2017 – DAL)

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