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Physik

Forscher konstruieren Quantenradio

Neuartiger Schaltkreis detektiert Radiowellen bis in die Quantenebene

Quantenradio
Dieser Chip trägt einen Quanten-Schaltkreis, der Radiosignale bis auf Quantenebene detektieren kann © TU Delft

Signal im Rauschen: Physiker haben einen Schaltkreis entwickelt, der als ultrasensibles Quantenradio fungiert. Er kann trotz starken Grundrauschens Radiowellen bis auf einzelne Quanten auflösen. Mit dieser Technologie könnten sich künftig schwache Radiosignale besser detektieren lassen als bisher möglich – das käme unter anderem der Astronomie zugute, aber auch medizinischen Bildgebungsverfahren, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.

Die meisten von uns haben sich schon mal darüber geärgert, dass das Signal eines Radiosenders zu schwach ist und im Rauschen untergeht. Ähnliche Problem haben Forscher, die mit Radioteleskopen den Weltraum abtasten, aber auch Mediziner, die Aufnahmen des Magnetresonanz-Tomografen auswerten. Weil die Photonen der Radiowellen so energiearm sind gehen sie besonders leicht im Hintergrundrauschen verloren.

„Einzelne Photonen zu detektieren und zu manipulieren, wird bei niedrigeren Frequenzen wegen der thermischen Fluktuationen schwieriger“, erklären Mario Gely von der Technischen University Delft und seine Kollegen. Denn eine heiße Umgebung reicht dann schon aus, um zu viele störende Photonen zu erzeugen. Theoretisch könnte man diese Störwärme herausfiltern, indem man ein spezielles, stark heruntergekühltes System als Hitzesenke nutzt – Physiker bezeichnen dies als Reservoir Engineering.

Kalter Schaltkreis als Quantenradio

Ein solches System haben nun Gely und sein Team erstmals für Radiowellen entwickelt. Für ihr „Quantenradio“ nutzten sie einen Quantenschaltkreis, der unter normalen Bedingungen als Resonator für Wellen der Frequenz von 173 Gigahertz fungiert. Kernstück des Schaltkreises ist ein sogenannter Josephson-Kontakt, ein System aus zwei Supraleitern, die durch einen dünnen Isolator getrennt sind.

Die Forscher kühlten diesen Schaltkreis soweit herunter, dass 90 Prozent der darin enthaltenen Teilchen in den energieärmsten Zustand, den Grundzustand, verfielen. Unter diesen Bedingungen traten sogenannte Fock-Zustände auf – quantenphysikalische Bedingungen, die durch eine Kopplung der Megahertz-Radiowellen mit den ultrakalten Qubits des Schaltkreises die Quantenstruktur der Radiophotonen messbar machten.

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Nützlich in Astronomie, Technik und Medizin

Damit haben die Physiker eine Art Quantenradio konstruiert. „Unsere Architektur ermöglicht das Auslesen und die Manipulation eines Radiofrequenz-Resonators auf Quantenebene“, berichten Gely und sein Team. „Dadurch könnte es dieses System ermöglichen, Radiostrahlung mit Quantenauflösung zu detektieren.“

Nützlich könnte die neue Technologie für eine Reihe von Anwendungen sein – von Technik und Wissenschaft bis in die Medizin, wie die Forscher erklären. Denn solche Quantenempfänger für Radiowellen könnte beispielsweise Radioastronomen dabei helfen, extrem schwache Signale aus dem Weltall noch einzufangen und zu identifizieren. In der Medizin könnte die Technologie dazu beitragen, die Auflösung der Magnetresonanz-Tomografie zu verbessern.

Einblick in den Quantenzustand der Raumzeit

Eines Tages könnten solche Quantenempfänger vielleicht sogar helfen, das große Rätsel der Gravitation und ihrer Einordnung in die Quantenphysik zu lösen – einem Problem, an dem schon Albert Einstein scheiterte. Bis heute ist unbekannt, ob und welche Trägerteilchen die Gravitation vermitteln und ob die Raumzeit gequantelt ist oder nicht.

Mit unserem Quantenradio wollen wir versuchen, die Quantenvibrationen schwerer Objekte zu belauschen“, erklärt Gely. „Dadurch könnten wir experimentell testen was passiert, wenn man Quantenmechanik und Gravitation zusammenbringt. Wenn das gelänge, könnten wir testen, ob wir die Raumzeit selbst in eine Quantenüberlagerung bringen können – ein neues Konzept, das über unser jetziges Verständnis von Quantenmechanik und Allgemeiner Relativität hinaus geht.“ (Science, 2019; doi: 10.1126/science.aaw3101)

Quelle: Delft University of Technology

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