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Materialforschung

Forscher konstruieren kleinstes Fachwerk der Welt

Metamaterial aus winzigen Streben ist leicht und extrem fest

Das weltweit kleinste Fachwerk im Elektronenmikroskop. Die Streben sind 200 Nanometer dick und einen MIkrometer lang. © J. Bauer/ KIT

Fast so fest wie Diamant: Forscher haben die kleinste Strebenkonstruktion der Welt erzeugt: Ein Metamaterial, dem nur 200 Nanometer dicke Streben aus glasartigem Kohlenstoff die Festigkeit verleihen. Dieses Nano-Fachwerk ist nicht nur fünffach kleiner als alle bisher bekannten Mikrogerüste, es ist außerdem noch sehr leicht und besonders fest: Im Verhältnis Dichte zu Stabilität wird es nur vom Diamant übertroffen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Materials“ berichten.

Metamaterialien sind im Nanomaßstab so maßgeschneidert, dass sie ungewöhnliche und besonders günstige Eigenschaften besitzen. Sie sind beispielsweise besonders stabil, brechen das Licht auf spezielle Weise und aus ihnen lassen sich sogar Tarnkappen und Tarnmäntel konstruieren. Jens Bauer vom Karlsruher Institut für Technologie haben nun ein Metamaterial konstruiert, das besonders leicht, aber trotzdem stabil ist.

Fachwerk-Streben im Nanometer-Maßstab

Vorbild für das neuen Material waren dabei verstrebte Strukturen der Natur: „Leichtbau-Werkstoffe wie Knochen und Holz findet man überall in der Natur“, erklärt Bauer. „Sie vereinen hohe Tragkraft und kleines Gewicht und sind so ein Vorbild für mechanische Metamaterialien für technische Anwendungen.“

Das neue Metamaterial ist aufgebaut wie ein Fachwerk: Es besteht aus winzigen, nur 200 Nanometer dicken und rund einen Mikrometer langen Streben aus einem glasartigen Kohlenstoff. Seine Bauteile sind damit fünfmal kleiner als die aller bisher bekannten Metamaterialien. Der Grund: Mit dem gängigen Verfahren der 3D-Laserlithografie ließen sich bisher nur Strukturen von minimal fünf bis zehn Mikrometern Größe erzeugen.

Erst gehärtet, dann geschrumpft

Doch Bauer und seine Kollegen nutzten einen raffinierten Trick, um noch kleiner werden zu können: Zunächst erzeugten sie die gewünschte Fachwerkstruktur mit der Laserlithografie. Ein Laserstrahl zeichnet dabei nach und nach die Strebenstruktur in einem Fotolack nach und härtet sie dadurch aus. Diesen „Rohbau“ setzten die Forscher dann in einem Vakuumofen Temperaturen von rund 900 Grad Celsius aus.

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Durch diese sogenannte Pyrolyse entweichen alle Elemente außer dem Kohlenstoff aus dem Fotolack und die chemischen Bindungen orientieren sich neu. Als Folge bilden sich die glasartigen Kohlenstoffstreben und das gesamte Fachwerk schrumpft noch einmal um 80 Prozent. „Dies repräsentiert die kleinste Streben-Struktur, die bisher produziert wurde“, sagen die Forscher.

Fast so fest wie Diamant

Aber nicht nur das: Das Nano-Fachwerk ist zudem extrem stabil. Tests ergaben, dass dieses Nano-Fachwerk einem Druck von bis zu drei Gigapascal standhält. „Das liegt nahe an dem theoretisch Möglichen für den glasartigen Kohlenstoff“, sagt Koautor Oliver Kraft vom KIT. Und das Verhältnis von Dichte zu Stabilität sei fast rekordverdächtig: „Diamant ist noch der einzige Feststoff, der eine höhere spezifische Stabilität aufweist.“

Nach Angaben der Forscher könnten Metamaterialien nach diesem Prinzip daher überall dort eingesetzt werden, wo geringes Gewicht und hohe Festigkeit gewünscht sind. Glaskohlenstoff ist zudem ein hochtechnologischer Werkstoff, der glasartige keramische Eigenschaften mit denen des Graphits vereint. Er ist daher auch als Werkstoff in Elektroden von Batterien oder Elektrolyseanlagen interessant. (Nature Materials, 2016; doi: 10.1038/nmat4561)

(Karlsruher Institut für Technologie, 02.02.2016 – NPO)

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