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Materialforschung

Forscher erschaffen metallisches Holz

Poröses Metallmaterial ist leicht wie Holz, aber stark und fest wie Titan oder Stahl

Metallholz
Metall so porös wie Holz: Elektronenmikroskopische Aufnahme des Metallholzes aus nanoporösem Nickel © University of Pennsylvania

Stabil wie Titan, aber leicht wie Holz: Forscher haben ein metallisches Material konstruiert, dem zellartige Poren besondere Eigenschaften verleihen. Normales Nickel wird dadurch härter und stabiler als Edelstahl oder Titan, aber deutlich leichter. Entscheidend dafür ist die Vielzahl an winzigen Streben im Material – ähnlich den Zellwänden im Holz oder den Streben in Knochen, wie die Wissenschaftler erklären. Sie tauften ihr neues Material daher Metallholz.

Holz ist ein genialer Werkstoff der Natur: Verzweigte Kettenmoleküle wie Zellulose und Lignin machen seine Zellwände enorm stabil und fest. Gleichzeitig sorgen Zellzwischenräume und Poren im Holz dafür, dass das Biomaterial leicht bleibt. Jahrtausendelang nutzten unsere Vorfahren Holz deshalb als Rohstoff für Bauwerke und Werkzeuge. Heute wird dieses umweltfreundliche Biomaterial zunehmend wiederentdeckt – beispielsweise für moderne Holzbauten, aber auch für neue Materialien.

Plastikkügelchen als Negativschablone

Doch das geniale Konstruktionsprinzip des Holzes lässt sich auch auf andere Materialien übertragen, wie nun James Pikul von der University of Pennsylvania und sein Team belegen. Sie haben die Struktur von normalem Nickel so verändert, dass ein „metallisches Holz“ entsteht – ein Metall mit einer porösen, holzähnlichen Mikrostruktur. „Der Grund, warum wir es Metallholz nennen, ist nicht nur die holzähnliche Dichte, sondern seine zelluläre Natur“, erklärt Pikul.

Metallholz-Herstellung
Herstellung des Metallholzes durch Plastikkügelchen (weiß) als Gerüst, Beschichtung mit Nickel (blau) und Herauslösen des Kunststoffs. © University of Pennsylvania

Für die Konstruktion ihres metallischen Holzes beginnen die Forscher mit Polystyrol-Kügelchen von nur wenigen hundert Nanometern Durchmesser. Diese Plastikkugeln bilden ein dichtes Gefüge mit winzigen Hohlräumen. Nun werden die Kugeln mithilfe eines elektrischen Feldes mit Nickel bedampft, das auch die Hohlräume füllt. Im letzten Schritt wird der Kunststoff durch ein Lösungsmittel entfernt – es entsteht eine Struktur aus rund zehn Nanometer dünnen Nickelstreben, durchbrochen von kugelförmigen Hohlräumen.

Stärker als Edelstahl und Titanlegierungen

Das Resultat ist ein poröses Nickelmaterial, das dank der spezifischen Struktur seiner Nanostreben deutlich stärker, fester und stabiler ist als massives Nickel. In Tests erreichte ihr Metallholz spezifische Stärken von 230 Megapascal. „Dies ist höher als bei den meisten hochfesten Metallen wie hochfestem Edelstahl oder verschiedenen Titan-Aluminium-Vanadium-Legierungen“, sagen die Forscher. Die poröse Nickelstruktur widerstand zudem viermal höheren Drücken als massives Nickel.

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Trotz dieser hohen Festigkeit ist das Metallholz dank seiner vielen Poren jedoch so leicht wie Holz und besitzt eine Dichte vergleichbar der des Wassers. Kein Wunder: Rund 70 Prozent des Materials besteht aus Hohlräumen. Ein Balken aus diesem porösen Nickel wäre so leicht, dass er sogar in Wasser schwimmen würde, wie die Forscher berichten. Dadurch ist ihr Metallholz zwar so stark wie Titan, aber vier- bis fünfmal leichter als dieses.

Das Entscheidende sind die Nanostreben

Das Geheimnis hinter der enormen Stabilität des Metallholzes ist seine Struktur: Metalle erreichen in der Praxis nie ihre theoretisch mögliche Maximalstabilität, weil winzige Defekte in ihrer atomaren Struktur unvermeidbar sind und das Material schwächen. Doch Experimente zeigen, dass sich diese Defekte stark reduzieren lassen, wenn man statt einer massiven Metallplatte viele kleine Nanosäulen oder Streben aus dem Metall erzeugt.

„Unsere Struktur ist ähnlich: Wir operieren in Längenskalen, in denen die Stärke der Streben ihr theoretisches Maximum erreicht“, erklärt Pikul. „Die spezifische Stärke des Materials kommt von der großen Konzentration solcher extrem festen Streben, die den Großteil der Belastung tragen, und den glatten Verbindungen zwischen ihnen.“ Schon eine dünne, nur einen Quadratzentimeter große Schicht des Metallholzes enthalte rund eine Milliarde Nanostreben.

Vielversprechende Anwendungen

Noch müssen Pikul und sein Team an der großtechnischen und großflächigeren Produktion solcher Metallhölzer arbeiten. Doch die Vorteile lägen ihrer Ansicht nach auf der Hand: „Das metallische Holz kann bei Raumtemperatur verarbeitet werden und leicht mit zusätzlichen funktionalen Materialien kombiniert werden“, sagen die Forscher. Zudem können die mechanischen Eigenschaften des Materials gezielt durch seine Nanogeometrie kontrolliert werden.

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit: Die Poren im Metall könnten mit Material gefüllt werden, das Energie speichert – das Metallholz würde so zur Batterie. (Scientific Reports, 2019; doi: 10.1038/s41598-018-36901-3)

Quelle: University of Pennsylvania

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