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Materialforschung

Forscher entwickeln „Terminator“-Metall

Neuartiges Metallmaterial kann seine Form verändern – Erwärmen reicht

Metallhand
Diese Hand aus einem neuartigen Metallmaterial entfaltet ihre Finger scheinbar wie von selbst. © Pu Zhang

Wie von Geisterhand: Forscher haben eine Polymer-Metalllegierung entwickelt, die beim Erwärmen immer wieder ihre ursprüngliche Form einnimmt – egal, wie beschädigt oder verformt sie zuvor war. Möglich wird dies durch eine ganz neue Klasse von metallischen Materialien, sogenannte flüssige Metallgitter. Aus solchen Materialien könnte man beispielsweise Satelliten bauen, die sich erst im Orbit entfalten oder  „unkaputtbare“ Roboter und Sonden.

Die Filmfigur des „Terminator“ hat es vorgemacht: Er besteht aus einem flüssigen Metall, das seine Form fast beliebig verändern kann und das sich selbst repariert. Bisher allerdings war ein solches Material pure Science-Fiction. Zwar schmelzen Metalle bei Hitze und können dann neu in Form gegossen werden. Aber beim Erkalten selbstorganisiert ihre Form zurückgewinnen, können sie nicht – oder doch?

Elastomergerüst und flüssiges Metall

Ein solches „Formwandler“-Metall“ könnten nun Forscher der State University of New York erschaffen haben. Sie haben ein metallisches Material entwickelt, das sie als „erstes flüssiges Metallgitter der Welt“ bezeichnen. Sein Gerüst besteht aus einem porösen Elastomer – einem Kunststoff, der sich verformen lässt, aber immer wieder in seine Form zurückkehrt, wie bei einem Gummiband.

Die zweite Komponente ist das sogenannte Fieldsche Metall, eine Speziallegierung aus 51 Prozent Indium, 32,5 Prozent Bismut und 16,5 Prozent Zinn. Diese Legierung schmilzt schon bei 62 Grad und wird unter anderem als Lötmittel für Glas, als Gussmaterial oder Kühlmittel in nuklearen Anwendungen eingesetzt. Durch eine komplexe Kombination aus 3D-Druck, Vakuumguss und Beschichtungen lassen sich aus der Kombination beider Materialien beliebige Formen herstellen.

„Wir haben damit eine ganz neue Klasse funktionaler Gittermaterialien entwickelt, die wir flüssige Metallgitter-Materialien nennen“, berichten die Forscher.

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Kehrt von selbst zur alten Form zurück

Der Clou daran: Bei Raumtemperatur ist die Metallkomponente fest und das Material ist stabil und belastbar. „Dank der Fieldschen Legierung verhält sich dieses Material zunächst wie ein ganz normales Metall“, erklärt Studienleiter Pu Zhang. Wird es dann aber doch beschädigt oder aber absichtlich verformt, beispielsweise klein zusammengefaltet, muss man es nur erwärmen. „Das hybride Design führt zu einem Formgedächtnis, bei dem es den Fest-Flüssig-Phasenübergang der Metalle nutzt.“

Bei Wärme entfaltet sich das Metallmaterial wieder, gleicht alle Dellen aus und bekommt seine ursprüngliche Form zurück. „Ohne die Elastomer-Hülle würde das nicht funktionieren, weil das flüssige Metall dann einfach wegfließen würde. Aber das Hüllskelett kontrolliert die Form und Integrität des Materials und schließt das flüssige Metall in Kanälen ein“, erklären die Forscher.

Antenne entfaltet sich, Hand öffnet ihre Finger

Im Test haben die Forscher beispielsweise spinnennetzartige Antennen aus diesem flüssigen Metallgitter hergestellt, die sich bei Wärme scheinbar wie von Geisterhand entfalten oder eine Metallhand, die langsam ihre Finger öffnet. Interessant auch: Die Rückkehr zur alten Form kann nicht nur durch Wärmezufuhr ausgelöst werden, sondern auch durch die Absorption beispielsweise von mechanischer Energie, die dann in Wärme umgewandelt wird.

„Dieses Material hat verschiedene bemerkenswerte Funktionalität, darunter eine wiedergewinnbare Energieabsorption, eine steuerbare Steifigkeit und rekonfigurierbare Verhaltensweisen“, so Zhang und sein Team. Dadurch seien Objekte aus diesem Material selbst-reparierbar und wiederverwendbar.

Nützlich für Raumfahrt und Roboter

Verwenden könnte man das neue Metallmaterial beispielsweise in der Raumfahrt, um Landesonden robuster und selbstregenerierend zu machen. Aber auch Satelliten und orbitale Konstruktionen könnte aus diesem Flüssigmetallgitter konstruiert werden. Zum Start platzsparend klein zusammengeknüllt, würden sie sich im Orbit durch das Sonnenlicht erwärmen und dann zu ihrer eigentlichen Form entfalten.

Doch das nächste Ziel der Forscher ist – wie könnte es anders sein – ein Roboter: „unser Traum ist es, einen Roboter aus dem Flüssigmetallgitter zu konstruieren, sagt Zhang. „Immerhin haben wir jetzt schon mal eine Hand, das ist ein erster Schritt.“ (Additive Manufacturing, 2020; doi: 10.1016/j.addma.2020.101117)

Quelle: Binghamton University

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