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Materialforschung

Forscher entwickeln künstliche „zweite Haut“

Polymer-Material strafft und schützt

Eine durchsichtige "zweite Haut" könnte künftig die Folgen von Hautalterung mildern © Melanie Gonick/ MIT

Eine Schicht Jugend: Forscher haben ein Material entwickelt, das vorübergehend eine zweite Haut bildet. Das durchsichtige Polymer verhält sich ähnlich wie natürliche junge Haut und könnte künftig die Folgen von Hautalterung mildern. Die künstliche Schicht glättet unter anderem Falten und schützt die Haut – sie könnte womöglich aber auch medizinische Funktionen übernehmen, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Materials“.

Tiefe Falten und schlaffes Gewebe: Wenn Haut altert, wird sie weicher und weniger elastisch. Neben den ästhetischen Aspekten, beeinträchtigen die Folgen der Alterung oder von Schäden vor allem die Schutzfunktionen der Haut gegenüber extremen Temperaturen, Giftstoffen, Mikroorganismen, Strahlung und Verletzungen. Schon lange versuchen Forscher deshalb, Schutzbeschichtungen zu entwickeln, die die Funktionen der gesunden Haut wiederherstellen oder verbessern können.

„Ein Material, das sich wie Haut verhält, ist schwer herzustellen“, sagen Dermatologen um Betty Yu von der Living Proof Inc. in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts. „Die bisher erprobten Substanzen waren nicht entsprechend geschmeidig genug, angenehm zu tragen, reizarm und auch nicht in der Lage, sich den Bewegungen der Haut anzupassen.“ Nun jedoch scheinen die Wissenschaftler einen vielversprechenden Kandidaten für eine zweite Haut gefunden zu haben.

Polymere als Hautimitat

Für ihre Suche nach dem idealen Material erstellten die Forscher zunächst eine Sammlung aus mehr als hundert verschiedenen Polymeren, die als Kandidaten in Frage kamen. Es handelte sich dabei um Stoffe die Bestandteile enthielten, die als Siloxane bezeichnet werden – Ketten aus Silizium und Sauerstoffatomen. Polymere mit diesen Bestandteilen können besonders flexible Netzwerkstrukturen ausbilden, die sich für dünne und elastische Beschichtungen eignen.

Anschließend testeten die Wissenschaftler systematisch, inwieweit die Kandidaten als aufgetragene Schicht dem Aussehen, der Festigkeit und der Elastizität von Haut ähneln. Als bestes Material stellte sich ein Polymer heraus, das in puncto Elastizität die Haut sogar übertrifft: Bei Laborversuchen nahm es seinen ursprünglichen Zustand wieder ein, nachdem es mehr als 250 Prozent gedehnt worden war. Natürliche Haut kann hingegen nur um etwa 180 Prozent gedehnt werden.

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Durchsichtige Schicht mit Schutzwirkung

Vorher - nachher: Im Test glättete das Material Falten und straffte Tränensäcke © Olivo Labs, LLC

Die flexible Polymer-Schicht besteht aus zwei cremeartigen Komponenten, die nacheinander als dünne Beschichtung aufgetragen werden. 24 Stunden hält die zweite Haut – und ihre Merkmale ähneln stark denen von natürlicher junger Haut, sagen die Forscher. Damit hat die künstliche Variante das Potenzial, alternde Haut einer Verjüngungskur zu unterziehen.

Versuche mit menschlichen Probanden zeigten, dass das Material Tränensäcke straffen, Falten glätten und auch die Hautfeuchtigkeit verbessern kann. Doch die Einsatzmöglichkeiten der zweiten Haut gehen weit darüber hinaus, wie die Wissenschaftler betonen. „Es ist eine durchsichtige Schicht, die kosmetische Verbesserung schafft, eine Barriere bildet und möglicherweise Medikamente lokal an Stellen abgeben könnte, die behandelt werden sollen. Diese drei Aspekte schaffen vielversprechendes Potenzial für den Einsatz beim Menschen.“

Den Entwicklern zufolge könnte die zweite Haut zum Beispiel auch als intensiver und langanhaltender UV-Schutzmantel dienen. Künftig wollen sich die Forscher vor allem der Entwicklung solcher medizinischen Anwendungsmöglichkeiten der zweiten Haut widmen. (Nature Materials, 2016; doi: 10.1038/nmat4635)

(Massachusetts Institute of Technology, 10.05.2016 – DAL)

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