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Technik

Flugverkehr: Kollisions-Alarm über Deutschland

Weltweit erste Langzeituntersuchung von Flugzeugkommunikation in Extremsituationen durchgeführt

"Flugzeugstraßen" am Himmel über dem Flughafen Braunschweig. © TU Braunschweig

Zwischen dem 15. August 2008 und dem 20. November 2008 gab es 510 Mal Kollisions-Alarm für Flugzeuge im deutschen Luftraum. Dies hat die weltweit erste Langzeituntersuchung von Flugzeugkommunikation in Extremsituationen ergeben, die jetzt Braunschweiger Wissenschaftler durchgeführt haben.

Um fatale Zusammenstöße in der Luft zu vermeiden, verfügt jedes Verkehrsflugzeug über ein Bordkollisionsschutzsystem ACAS (Airborne Collision Avoidance System). Dabei handelt es sich um ein Rettungssystem der letzten Sekunden, in den noch ein erfolgreiches Ausweichen möglich ist.

ACAS gibt Ausweichanweisungen

ACAS misst den Abstand und die Höhendifferenz und gibt dem Piloten Ausweichanweisungen. Ziel ist es, die Häufigkeit von Kollisionen in der Luft um den Faktor zehn, das heißt auf einen Unfall pro eine Milliarde Flugstunden, zu senken.

Anfang der 90er Jahre hat die internationale

Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) beschlossen, in den Industriestaaten Empfangs- und Auswertungsstationen zu errichten, die die Kommunikationen ACAS-ausgerüsteter Flugzeuge vom Boden aus ständig mithören und auswerten. Dieses Vorhaben wurde jedoch bislang nicht umgesetzt.

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Kollisions-Alarme seit April 2007 ausgewertet

Weltweit erstmals hat nun das Institut für Eisenbahnwesen und Verkehrssicherung der Technischen Universität (TU) Braunschweig Kollisions-Alarme seit April 2007 aufgezeichnet und untersucht. Die Auswertung dokumentiert nicht nur die Kollisions-Alarme, sondern auch die Verkehrssituation und die Reaktion der Piloten. Fazit: „In jedem siebten Fall wurde den Ausweichanweisungen des ACAS-Systems nicht korrekt gefolgt“, so Professor Peter Form.

Kollisionsalarme im deutschen Luftraum von August bis November 2008. © TU Braunschweig

Vom April 2007 bis August 2008 beobachteten die TU- Wissenschaftler 2,5 Millionen Flugstunden von Verkehrsflugzeugen im norddeutschen Luftraum. In diesem Zeitraum wurde durchschnittlich mehr als eine von ACAS erkannte Kollisionsdrohung pro Tag dokumentiert. „Das ist einmal am Tag zuviel“, resümiert Form.

Die Wissenschaftler entwickelten für ihre Studie eine experimentelle Bodenstation, die in Braunschweig aufgestellt wurde und die den Datenaustausch von Verkehrsflugzeugen im norddeutschen Luftraum mithört, automatisch analysiert und detailliert darstellt.

510 Mal Kollisions-Alarm über Deutschland

Seit August 2008 wurde durch weitere Bodenstationen die Überwachung ausgedehnt. Den TU-Wissenschaftlern stehen nun fünf über ganz Deutschland verteilte Empfangsstationen zur Verfügung. Diese Stationen in Frankfurt, Stuttgart, München und zwei in Braunschweig senden täglich Empfangsdaten von bis zu 1.000 Flugzeugen gleichzeitig nach Braunschweig. Dieses weltweit einmalige Netz erfasst damit wesentliche Teile des deutschen Luftraumes. Mit diesem Netz wurden seit dem 15. August 2008 bis zum 20. November 2008 an 98 Tagen bereits 510 Kollisions-Alarme registriert.

Das Forschungsprojekt des Instituts für Eisenbahnwesen und Verkehrssicherung der TU Braunschweig endet im Dezember 2008. Mehrere deutsche Fluggesellschaften interessieren sich unterdessen für die Ergebnisse und erhalten die Auswertungen. Auch die Europäische Luftsicherheitsbehörde (EASA) hat bereits Interesse angemeldet.

„Unsere Ergebnisse haben gezeigt, dass eine weitere Langzeitbeobachtung und eine tiefer gehende Analyse erforderlich ist“, fasst Form zusammen. Eine Fortführung des ACAS-Monitoring-Projektes wird zurzeit diskutiert.

(idw – Technische Universität Braunschweig, 10.12.2008 – DLO)

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