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Medizin

Fluglärm macht krank

Studie belegt linearen Anstieg des Risikos für Kreislauferkrankungen durch Nachtfluglärm

Wer in der Nähe eines Flughafens wohnt, leidet nicht nur subjektiv unter dem Fluglärm – er wird auch leichter krank. Das zeigt die bisher umfangreichste Studie zum Thema Gesundheitsfolgen von Fluglärm. Sie enthüllt, dass das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen mit wachsender Lärmbelästigung linear ansteigt. Ebenso häufen sich auch Depressionen bei Frauen.

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Rund ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland klagt über Fluglärm, hochgradig belästigt fühlen sich immerhin noch fünf Millionen Menschen. Das ist soweit nichts Neues. Dass diese Klagen jedoch mehr als nur subjektives Missempfinden ausdrücken, dass belegt jetzt die neue Studie „Risikofaktor nächtlicher Fluglärm“ des Umweltbundesamtes (UBA) unter Leitung von Professor Eberhard Greiser zeigt. Die Forscher erfassten die Daten von mehr als 1.020 Millionen Versicherten gesetzlicher Krankenkassen mit Hauptwohnsitz in der Studienregion, der Stadt Köln, dem Rhein-Sieg-Kreis und dem Rheinisch-Bergischen Kreis. Die Studienpopulation entspricht damit mehr als 55 Prozent der Gesamtpopulation dieser Region.

Umfangreichste Untersuchung ihrer Art

Erhoben wurden auch Daten des Umgebungslärms aufgeschlüsselt nach Fluglärm, Straßenverkehrslärm, Schienenverkehrslärm, sowie Sozialdaten wie die Sozialhilfe-Häufigkeit des Ortsteils oder die Dichte von Alten- und Pflegeheimplätzen. Die Auswertungen erfolgten mit Hilfe der so genannten multivariaten logistischen Regression nach Geschlechtern getrennt und ausschließlich für Versicherte ab dem 40. Lebensjahr.

Die Studie ist damit die Untersuchung mit der umfangreichsten Datenbasis weltweit zum Thema Fluglärm und gesundheitliche Folgen. Sie ist auch die bisher einzige, in der die Analysen nach Geschlecht differenziert erfolgten und auch die Interventionsmöglichkeiten beispielsweise durch Finanzierung von Lärmschutzmaßnahmen mit einbezogne wurden.

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Herz-Kreislauf: linearer Anstieg des Erkrankungsrisikos

Die Ergebnisse für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems waren eindeutig: Im Vergleich zu Personen, die keinem Fluglärm ausgesetzt sind, steigt das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen mit zunehmender Fluglärmbelastung linear an. Der Ansteig beginnt bei beiden Geschlechtern bereits bei einem niedrigen Dauerschallpegel von 40 dB(A) in allen Zeitfenstern und schon bei 35,25 dB(A) für den 24-Stunden-Dauerschallpegel.

Auch bei psychischen Erkrankungen findet sich ein relevanter Befund: Bei Frauen sind die Erkrankungsrisiken für Depressionen signifikant erhöht, vor allem bei nächtlichem Fluglärm. Bei Männern zeigte sich dagegen kein Zusammenhang. Auch für Angststörungen und Phobien zeigen sich keine erhöhten Erkrankungsrisiken.

Frühere Ergebnisse bestätigt

Diese Ergebnisse bestätigen frühere Studien, darunter die „Arzneimittelstudie“ des UBA, die höhere Medikamentenverschreibungen bei Personen nachwies, die nächtlichem Fluglärm ausgesetzt sind. Auch eine große Studie im Umfeld verschiedener europäischer Flughäfen (HYENA-Studie) aus dem Jahr 2008 stellte fluglärmbedingte Gesundheitsrisiken fest: Personen, die verstärkt vom Nachtfluglärm betroffen sind, weisen häufig höhere Blutdruckwerte auf, als Menschen in ruhigeren Wohngebieten.

„Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass wir mehr tun müssen, um Bürgerinnen und Bürger vor Lärm zu schützen. Wir sollten im Sinne einer nachhaltigen Mobilität, kritisch darüber nachdenken, welche Nachtflüge wirklich notwendig sind“, erklärt UBA- Präsident Jochen Flasbarth. Vom Flughafen Köln/Bonn werden freiwillige Schallschutzmaßnahmen angeboten. Diese reduzieren zwar die Lärmrisiken, können jedoch die gesundheitlichen Fluglärmwirkungen nicht vollständig verhindern.

Bedingt durch die Besonderheiten des Flugbetriebs – der Flughafen Köln/Bonn hat einen relativ hohen Nachtfluganteil – sollten weitere Analysen folgen. Bisher gibt es beispielsweise noch keine Antwort auf die Frage, ob eine direkte Übertragung der Studienergebnisse zum Risiko durch nächtlichen Fluglärm auf andere Flughäfen möglich ist.

(Umweltbundesamt, 02.03.2010 – NPO)

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