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Materialforschung

Flüssige Gebäudehülle schützt vor Hitze und Kälte

Glasmodule mit zirkulierender Flüssigkeit regulieren Temperatur im Inneren

Glasfassaden könnten künftig stärker zur Kühlung und Wärmung beitragen © Michael Geide/ pixabay

Intelligente Fassade: Künftig könnten Heizungen und Klimaanalgen überflüssig werden. Denn Forscher haben intelligente Fassaden und Fenster entwickelt, die den Wärmefluss im Inneren wie von selbst regulieren. Der Clou daran: Feinste Kanälchen im Glas, in denen eine Flüssigkeit für Kühlung oder Hitze sorgt. In wenigen Wochen werden erste Gebäude testhalber mit diesen energiesparenden und intelligenten Fassaden ausgestattet.

Heizung und Kühlung von Gebäuden sind oft echte Energiefresser. Bis zu 85 Prozent der verbrauchten Energie werden für warmes Wasser und angenehm temperierte Räume verbraucht. Vor allem in den Ballungsräumen in dabei oft die Kühlung bei Sommerhitze das Problem – eines, das angesichts des Klimawandels künftig noch dringlicher wird.

Weltweit suchen Forscher daher nach Methoden und Materialien, die Klimatisierung von Gebäuden energiesparender und klimafreundlicher zu machen. Die Konzepte reichen von Fenstern, die ihre Transparenz und Reflexion ans Wetter anpassen über Wärmepumpen bis hin zur Vegetation als Klimahelfer.

Kanälchen im Fensterglas

Eine neue Varianten intelligenter Fassaden und Fenster haben nun Forscher der Universität Jena entwickelt. „Die grundlegende Idee besteht darin, Gebäude in eine sehr dünne, flüssige Hülle zu kleiden“, erläutert der Glaschemiker Lothar Wondraczek das Prinzip. Diese Hülle besteht aus Glasmodulen von der Dicke einer normalen Fensterscheibe, in die dünne Kanäle eingebettet sind.

Die nur wenige Millimeter dicken Kanäle laufen parallel und sind im gefüllten Zustand im Glas kaum sichtbar. Durch die Kanäle fließt eine farblose Speicherflüssigkeit auf Wasserbasis. Sie dient als Puffer- und Speichermedium für Wärme, kann aber auch weitere Funktionen wie zum Beispiel einen Farbwechsel oder solarthermischen Wärmeaustausch übernehmen.

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Im Glas sind winzige Kanäle integriert, durch die Flüssigkeit fließt. © Jan-Peter Kasper/FSU

Temperaturpuffer

Das Prinzip dahinter: Fällt Sonne auf das Glas, erwärmt sich die aus einem kühleren Reservoir hindurchströmende Flüssigkeit und leitet die Wärme ab. Hinter der Fassade bleibt es dadurch kühl. Im Winter strömt dagegen Flüssigkeit aus dem Gebäudeinneren oder aus einer Wärmepumpe durch das Glas und sorgt dadurch im Inneren für behagliche Wärme.

Ein jetzt vorgestellter erster Prototyp belegt, dass auf diese Weise Temperaturschwankungen in wenigen Minuten ausgeglichen werden könne. Die Glasmodule und Fenster eignen sich damit als großflächige Kühler, Heizer oder Luftwärmetauscher zum Beispiel für den Betrieb einer Wärmepumpe.

Erste Großversuche starten demnächst

Eine solche Scheibe kann dann im Prinzip eine oder mehrere beliebige Scheiben einer herkömmlichen Doppel- oder Dreifachverglasung ersetzen. „Die Module lassen sich einerseits als Fensterverglasung einsetzen, wofür eine möglichst geringe Sichtbarkeit der Kanalstrukturen entscheidend ist. Andererseits können sie direkt in Gebäudefassaden integriert werden“, so Wondraczek.

Wie gut diese intelligenten Fassaden und Fenster wirklich funktionieren, soll nun auch im großen Maßstab getestet werden. Bereits in wenigen Wochen werden erste Modellgebäude mit solchen Spezialfenstern ausgestattet. Neben Prüfständen in Skandinavien wird dabei auch in Südeuropa sowie in Jena und Weimar getestet. Diese Versuche werden etwa ein Jahr umfassen, wobei unterschiedliche Jahreszeiten und Wetterbedingungen abgedeckt werden sollen.

(Friedrich-Schiller-Universität Jena, 25.11.2016 – NPO)

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