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Archäologie

Falle für „Indy“: Kristallschädel gefälscht

Vermeintlich präkolumbianische Schädel in zwei Museen als neuzeitliche Fälschungen entlarvt

Der Kristallschädel im Britischen Museum - jetzt als Fälschung entlarvt © CC 2.0

In seinem neuen Kinoabenteuer jagt Indiana Jones einem präkolumbianischen Kristallschädel nach. Ob dieser jedoch echt ist, sollte er besser nochmal überprüfen. Denn zwei ähnliche Schädel, ausgestellt im Britischen Museum in London und im Smithsonian Museum in Washington, haben sich jetzt als neuzeitliche Fälschung herausgestellt. Statt im alten Mexiko wurden sie im 19. Jahrhundert hergestellt.

In der aztekischen Kultur wurden Schädel häufig als Ornamente oder ritueller Schmuck getragen oder in Tempeln präsentiert. Um solche Schädelnachbildungen aus Kristall rankten sich bis in die Neuzeit immer wieder Mythen und Legenden. Ihnen wurden teilweise magische, oft auch heilende Kräfte zugesprochen. Entsprechend beliebt sind Kristallschädel auch als Motiv in Büchern, Artikeln oder Filmen, wie aktuell im neuesten Indiana Jones-Film von Steven Spielberg.

Das Britische Museum in London besitzt 1897 einen solchen Kristallschädel. Der lebensgroße Schädel aus einem einzigen Block durchsichtigen Quarzkristalls sollte, so hieß es, aus dem altem Mexiko stammen. Doch schon seit den 1930er Jahren gibt es Zweifel an der Authentizität des Kleinods. 1992 erhielt auch das Smithsonian Museum in Washington einen etwas größeren Schädel aus weißem Quarz. Er sollte ebenfalls aztekischen Ursprungs sein.

Verräterische Schleifspuren und „falsche“ Quarzherkunft

Jetzt hat ein internationales Forscherteam beide Schädel genau untersucht, um endgültig Klarheit über deren Ursprung zu erhalten. Das Ergebnis jedoch fiel leider zu Ungunsten der Museen aus: Unter dem Elektronenmikroskop entdeckten die Wissenschaftler Bearbeitungsspuren eines rotierenden Werkzeugs, einer Art Schleifscheibe. Dummerweise besaßen die Azteken diese Technologie noch nicht und konnten demnach die beiden Schädel wohl nicht hergestellt haben.

Eine Analyse des Quarzes des britischen Schädels ergab eine weitere Unstimmigkeit: Der Quarz stammt entweder aus Brasilien oder aus Madagaskar. Beide Regionen lagen zur Zeit der mittelamerikanischen Hochkulturen jedoch weit außerhalb deren Handelsnetz. Nach Ansicht der Experten kann daher keiner der beiden Schädel aus dem Mittelamerika der präkolumbianischen Zeit stammen. Stattdessen wurde der britische Schädel vermutlich im 19. Jahrhundert in Europa hergestellt, der amerikanische sogar noch später: erst kurz bevor er 1969 in Mexico City gekauft wurde.

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„Es ist immer enttäuschend, wenn ein spannendes Artefakt wie ein Kristallschädel sich als Fälschung herausstellt“, erklärt Ian Freestone, Professor für Archäologie von der Universität von Cardiff und einer der Autoren der im „Journal of Archaeological Science“ veröffentlichten Studie. „Trotzdem ist es wichtig, genau festzustellen, was authentisch ist und was nicht, wenn wir unsere Vergangenheit verstehen wollen. Vielleicht hat Indiana Jones mehr Glück in seiner Jagd auf den echten Kristallschädel.“

(Cardiff University, 26.05.2008 – NPO)

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